Dienstag, 18. Dezember 2007

Postmoderne, Emerging Church und die ewige Suche nach der Urgemeinde

Ich lese und denke immer noch viel über unsere postmoderne Kultur nach. Ich behaupte einmal, sie jetzt so halbwegs verstanden zu haben und nun versuche ich herauszufinden, welche Folgen der Kulturwandel für die Gemeinde Jesu hat. Eins fällt mir dabei immer wieder auf. Menschen, die bereits für sich Antworten gefunden haben, betonen auffallend oft, dass sich unsere Gemeinden dahingehend verändern müssen, dass wir weg von der Institution Kirche gehen und wieder zurück zu den Anfängen, der Urgemeinde kommen sollen. Und dann reden sie viel von Lebensgemeinschaften, Hauskirchen und ihren kleinen Zellen. Ich frage mich aber immer mehr, ob es das wirklich ist. Zum einen müssen wir es ja mal ganz offen aussprechen: Wir reden immer von der Urgemeinde, als wenn wir ganz genau wüssten, wie sie wirklich war. Klar, wir haben ein paar Briefe in der Bibel aus dieser Zeit. Wir haben ein paar Jungs in ihre Gegen geschickt, die nun im Sand buddeln und ab zu tatsächlich etwas finden, was in einen Zusammenhang mit der Urgemeinde gebracht werden kann. Aber wissen wir, wie ihr gemeinsames geistliches Leben genau aussah? Ac 2,42 hilft ein wenig weiter, aber wie lebten sie denn, nachdem es in Jerusalem zur ersten Verfolgung kam? Lebte die Gemeinde(n?) in Rom anders als die in Korinth? Wie unterschied sich eine heidenchristliche Gemeinde von einer jüdisch geprägten? Wenn ich über meine Gemeinde hier in Hamburg sage, dass wir eine tolle Gemeinschaft, eine halbwegs vernünftige Verkündigung und ein tolles Musikteam haben, wisst ihr dann, wie meine Gemeinde ist?

Es hört sich sehr wildromantisch an, wenn wir sagen, dass wir zurück zu den Anfängen wollen, aber was heißt das denn? Und wollen wir das wirklich? Die Urgemeinde traf sich als Oikos, als Haus. Das war im Wesentlichen die Großfamilie, also Mama, Papa, die Kinder, die Geschwister die nicht verheiratet waren, die Sklaven und noch ein paar aus der unmittelbaren Nähe. Es waren auf jedenfalls nicht die guten Freunde, mit denen man sich an einem Abend bei einem Glas Rotwein überlegt hat, eine Lebensgemeinschaft zu gründen. Willst du wirklich zurück zur Urgemeinde? Willst du wirklich zusammen mit deinen Eltern und deinem schrägen Onkel eine Gemeinde gründen?

Kann es sein, dass wir eigentlich nur die Nase voll haben von der Institution Kirche? Weil wir zu oft selber von ihr enttäuscht wurden oder weil wir bestimmte Leute dort nicht mögen oder weil der Gottesdienststil uns zu langweilig oder zu unruhig ist oder weil wir dem Vorstand nicht vertrauen oder weil wir nicht bereit sind, unsere Energie in eine Sache zu investieren, in der nicht immer alles so läuft, wie wir das wollen. Eine letzte Frage: Kann es sein, dass wir viel mehr Sehnsucht nach einer basisdemokratischen WG haben, als nach der Urgemeinde? Oder vielleicht einfach nur nach einer echten Familie?

Mein Vorschlag: Lasst die Urgemeinde endlich in Frieden ruhen und damit beginnen zu überlegen, wie Gemeinde in der Postmodernen funktioniert. Lasst uns dabei so ehrlich sein und zugeben, dass auch wir Kinder der Postmodernen sind und nicht nur auf sie reagieren. Auch wir misstrauen Institutionen und sehnen uns nach Individualität.

Sicherlich muss sich einiges in unseren Gemeinden ändern, aber wir müssen in der Postmoderne Gemeinde nicht neu erfinden.



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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Stromausfall

Heute morgen um 6 verabschiedeten wir uns für 2 Stunden von der Zivilisation. Stromausfall in unserer Straße. Gut, dass wir gerade Adventszeit haben, denn so stehen überall Kerzen herum und wir konnten unsere Wohnung wieder in ein leichtes Licht tauchen. Tabita meinte dazu: "Das ist total schön. Das erinnert mich an die gute alte Zeit, als es noch keinen Strom gab." An dieser Stelle machte ich den Fehler und erklärte ihr, dass man sich nur an etwas erinnern kann, was man auch erlebt hat (was bin ich für ein kleinkarierter Spießer). Darauf hin erklärte mir Tabita, dass sie sich sehr wohl daran erinnern kann, weil sie schließlich damals bei Jesus war und auf die Erde geschaut hat. Ich bekam Kopfschmerzen und nahm mir vor, es zu einer Lebensregel zu machen, dass ich nie wieder morgens um sechs mit einer Siebenjährigen diskutieren werde.

Aber ganz unrecht hatte sie nicht. Nein, nicht das bei Jesus sitzen und so. Es war wirklich schön. Die Kerzen sorgten dafür, dass wir uns nur auf wenige Dinge in der Wohnung konzentrieren konnten und der Rest im Dunkeln lag. Das tat unglaublich gut. Wir haben einfach zu viel, sind zu vielen Reizen ausgesetzt und die Seele atmet mal auf, wenn den Augen, Ohren und dem Gehirn mal eine Ruhe gegönnt wird. Was wirklich gefehlt hat, war der Kaffee.

Donnerstag, 6. Dezember 2007

Nana Fritz

Gestern hatten wir hier in der Stadtmission Fritz Pawelzik zu Gast. Der Mann stammt zwar aus dem Ruhrgebiet, wurde aber vor einigen Jahren zum Häuptling der Ashanti ernannt. Ganz spannende Geschichte. Bis heute ist er das Oberhaupt von rund 300.000 Menschen. Zu seinem Volk gehören Christen (evangelische, katholische, charismatische usw.) und eine ganze Reihe Moslems. Der Häuptling weiß, dass sie nicht alle zu demselben Gott beten und Pawelzik ist jemand, dessen Herz ganz und gar für Jesus schlägt und trotzdem reden sich die Aschantis als Brüder und Schwestern an, auch dann, wenn sie einer anderen Religion angehören. Der Glaube trennt sie, aber ihre Zugehörigkeit zu einem Volk vereint sie. Können wir hier von ihnen lernen? Sicherlich macht es jetzt keinen Sinn, über die Auferstehung des deutschen Volkes zu reden. Deutschland wurde globalisiert – die Klasse meiner Tochter ist eine riesige bunte Mischung von Kindern aus allen möglichen Nationen. Auch wenn wir alle in einem Land leben und selbst wenn wir alle denselben Pass hätten, wir wäre nicht ein Volk. Und trotzdem vereint uns die Tatsache, dass wir Menschen sind. Ich weiß, dass das ein alter Hut ist, aber manchmal werde ich den Eindruck nicht los, das wir das übersehen und doch wieder Feindbilder mit uns rumschleppen, mit denen wir uns voneinander abgrenzen und es nicht zu lassen, dass Brücken überhaupt gebaut werden. Warum gibt es in unseren Gemeinden so wenig Ausländer? Das hat doch nicht nur was mit McGavarans Entdeckung zu tun, dass Menschen dann eher Christen werden, wenn sie dabei keine kulturellen Grenzen überschreiten müssen, sondern damit, dass wir so gut wie keine ausländischen Freunde haben, mit denen wir über unseren Glauben reden. Und woran liegt das wiederum? Warum bleiben wir so gern unter uns? Oder liegt es doch nur an dem fehlenden Willen der Ausländer, sich zu integrieren?

In unseren Kindergruppen kriegen wir das interessanterweise leichter hin, aber schon bei den Jugendlichen hört es so langsam auf und spätestens der Gottesdienst ist einfarbig. Ich denke, es wäre ein erster guter Schritt, wenn wir den Mut hätten, die Menschen um uns herum tatsächlich als Brüder und Schwestern zu sehen. Wie würdest du deine Schwester behandeln, wenn du sie beim Aldi an der Kasse triffst? Vermutlich anders, als die Ausländerin, die da sonst immer sitzt. Stell dir vor, die Ausländerin wäre deine Schwester. Wie würdest du deinen Bruder behandeln, der abends an deiner Tür steht, zittert und dich fragt, ob du noch was zu essen hast, weil es im Moment etwas knapp bei ihm ist? Vermutlich anders, als den Penner, der sonst immer kommt. Stell dir mal vor, der Penner wäre dein Bruder. Auch wenn wir nicht immer denselben Glauben haben, verbindet uns mehr als uns trennt.

Dienstag, 4. Dezember 2007

Mariologie

Ich sitze gerade an meinen Predigten, die ich in der Adventszeit halte. Ich leide in den letzten Jahren immer mehr daran, das wir die Menschwerdung Jesu nur auf eine nette Geschichte mit Maria, Joseph, einem Esel und natürlich der unvermeidlichen Krippe reduzieren. Weihnachten ist mehr. Darum habe ich mich auch entschieden, in diesem Jahr einmal über Themen zu sprechen, die sonst eher am Rand vorkommen. So ging es am letzten Sonntagabend um das Thema Jesus im Alten Testament, am kommenden Sonntag (Adventfeier (!) um die Jungfrauengeburt und am 16.12. dann um den Stammbaum Jesu. Ich weiß, im ersten Moment erscheint das so spannend, wie einer Packung Tiefkühlerbsen beim Auftauen zu zusehen, aber in diesen Themen steckt eine Menge geistlicher Sprengstoff, der unsere eingefahren Vorstellung von dem kleinen Kind in der Krippe pulverisieren kann.

Heute habe ich den Tag mit der Jungfrau Maria verbracht. Nein, ich werde jetzt nicht katholisch oder bin ich es schon längst? J. Sicher, die Frau steht weder auf einer Stufe mit Jesus, noch über ihm, noch hat sie etwas mit unserem Heil zu tun, noch ist sie eine Brücke zwischen uns und dem Himmel. Trotzdem sollten wir sie nicht einfach so aus unserem Gedächtnis streichen. Sie hat den Sohn Gottes zur Welt gebracht (falls jemand nun fragt: "Und?", so muss ich zugeben, dass ich darauf auch noch nicht wirklich eine Antwort habe. Vielleicht gibt es dir auch nicht. Und doch steht sie da zumindest als ein Vorbild. Als der Engel ihr erzählt, dass sie vom Geist Gottes schwanger werden würde, sagte sie nur: "Mir geschehe wie du willst." Völlige Hingabe – und es geht nicht darum, dass sie beauftragt wurde, im Kirchenchor mitzusingen. Sie musste einige Monate später zu Hause erzählen, dass sie ihren Bauch nicht Joseph, sondern dem Heiligen Geist zu verdanken hatte (ich würde Geld dafür geben, um das Gesicht ihrer Eltern zu sehen). "Mir geschehe, wie du willst." Wenn ich das NT richtig beobachte, dann hat sie daran festgehalten bis zu dem Tag, an dem sie mit ansehen musste, wie ihr Sohn blutig an einem schäbigen Holzkreuz erstickt ist. Als Vater ahne ich, was das bedeuten muss. Sie ist für mich ein Vorbild, wenn es darum geht, sich Gottes Plänen kompromisslos unterzuordnen.

Noemi, Tabita und Elias

Noemi, Tabita und Elias
Drei Gründe, um Gott dankbar zu sein.