Dienstag, 4. September 2007

Abschied, Neuanfang und das Leben dazwischen

Im Augenblick sind Andrea und Ulrich Reuter bei uns zu Gast. Wir denken als Gemeinde laut darüber nach, ob Uli mein Nachfolger hier in der Stadtmission wird und Reuters denken darüber nach, ob sie sich vorstellen können, hier zu leben und zu arbeiten. Ich (ganz persönlich, für mich, aus meiner Sicht) glaube, dass das richtig gut passen kann, auch wenn es sicherlich nicht immer einfach sein wird. Uli hat eine Art, mit der er gut die Lücken schließen kann, die ich nicht ausfülle. Würden sie kommen, dann weiß ich, dass die Gemeinde einen guten Pastor bekommen hat.

Wenn ich jetzt hier so sitze und darüber nachdenken, dann wird es immer klarer für mich, dass unsere Zeit hier in Hamburg zu Ende geht. Die Wirklichkeit wird fühlbar. Würde mich jemand fragen, wie es mir damit geht, dann könnte ich gar keine schlüssige Antwort darauf finden. Auf der einen Seite tut es weh, wenn ich daran denke, hier viele Menschen zurück lassen zu müssen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind und auch eine Arbeit, in die ich mich mit Leidenschaft investiert habe. Die Gemeinde ist ein Teil meines Lebens geworden. Auf der anderen Seite merke ich, dass ich anfange, mich auch innerlich von manchem zu lösen. Sicherlich wurde das jetzt durch die Turbolenzen der letzten Wochen beschleunigt.

Die Frage ist, wie wir das vor uns liegende Jahr gestalten. Ich möchte hier zu einer guten Landung ansetzen, um dann meinen Platz einem anderen zu überlassen. Um einmal in dem Bild zu bleiben: Ich will nicht die Tür vom Flugzeug einfach aufreißen, den Fallschirm anschnallen und dann nur noch mal ins Innere Brüllen: "Ich bin dann mal weg." Der Wechsel sollte von uns so ruhig wie möglich gestaltet werden. Es gibt noch eine Idee, die ich gern umsetzen möchte. Ansonsten weiß ich noch nicht, wo und wie ich mich anderes einbringen werde, nur dass das letzte Jahr anders sein wird, als die anderen.

In diesem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass wir im Studium eine Menge gelernt haben. Uns wurde beigebracht, wie man einen Bibeltext auslegt, wie Theologie "funktioniert", wie man eine ansprechende Predigt schreibt, wie man Gemeinden leitet und was weiß ich noch alles. Viele, viele wertvolle Dinge. Ich bin Gott und meinen Dozenten dankbar für mein Studium in Tabor. Was man uns aber leider nie beigebracht hat war die Antwort auf die Frage, wie man eine Versetzung gestaltet – weniger technisch in der Gemeinde selber, sondern auch emotional. Wie gehe ich damit um, eine Arbeit aufzugeben, an der ich 10 Jahre lang leitend mitgearbeitet habe? Wie kriege ich das unter die Füße, dass Menschen mir das Steuer aus der Hand nehmen, obwohl ich noch da bin? Wie helfe ich einer Gemeinde, die hier bleibt, während wir weggehen? Klar, wenn sich Pastor und Gemeinde im Streit trennen, dann ist das kein Thema, weil es neben dem Versuch, die strittigen Punkte doch noch zu klären und sich wenigstens gegenseitig Vergebung zu zusprechen, wohl nur noch darum geht, möglichst schnell den Möbelwagen zu beladen. Aber was ist, wenn die Beziehung zwischen Hauptamtlichen und Gemeinde gut ist und viele nicht wollen, dass wir gehen? Irgendwann sollten wir mal irgendwo darüber reden ….

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Nicht dass mich das grade in irgendeiner Weise betrifft (ganz und gar nicht...!), aber die Frage ist schon interessant, wie man einen Dienst gut zu Ende bringen kann. Und da geht es dann ja um beides: das Dienstfeld (sprich die Gemeinde) auf die eigene Abwesenheit vorzubereiten, dass es positiv oder sogar noch besser weitergehen kann - und eben auch die Frage, wie man selbst damit klarkommt, dass man dann keinen Einfluss mehr hat auf die weitere Entwicklung des Dienstfeldes. Ganz konkret (und davon bin ich hoffentlich noch meilenweit entfernt) wird das dann natürlich bei der Pensionierung. Speziell darüber gibt es ein Buch von einem Amerikaner - weiss grad nicht mehr wie es heißt, bringe es aber in Erfahrung und melde mich dann wieder hier

Bernd hat gesagt…

Hallo Stefan,

ich denke bei Deinen Gedanken an langsames akzeptieren und loslassen, dankbar für hoffentlich bleibende Beziehungen zu sein. Aber auch die Traurigkeit zuzulassen und den Abschied bewusst zu erleben. Auch wenn wir Dich nicht so lange kennen durften, so hast Du uns viel gegeben, duch Deine offenherzige Art, Deine mutigen Predigten und in Deiner Bereitschaft Berufung zu leben.

Danke für eine gute und schöne Zeit mit Dir.

Bernd & Gaby

Anonym hat gesagt…

Die Wirklichkeit wird fühlbar - so hast du es ausgedrückt.
Ganz ähnliche Gedanken hatte ich am Sonntag Nachmittag. Ich saß zu Hause am PC und war die ganze Zeit schom grummelig, ohne zu verstehen warum eigentlich. Dann kam mir plötzlich der Gedanke: Nun ist er ein Mensch aus Fleisch und Blut,dieser Ulrich Reuter. Ich habe ihn gesehen,ihm die Hand geschüttelt, es ist plötzlich alles so real. Das war heftig. Ich war dann nicht mehr in der Lage, noch zum Mosaik-Gottesdienst zu kommen.

Ich hätte noch vieles mehr hier anzufügen, aber nein. Falscher Ort, falsche Zeit.

Ich denke, Gott wird alles in die richtige Bahn lenken, für dich und auch für die STM. Ob nun mit Ulli R. oder mit jemand anderem.

Sei guten Mutes, Stefan. Ihr kriegt das hin!

Liebe Grüße,
Marion

Anonym hat gesagt…

Das Buch, von dem ich sprach, heißt " Too Valuable to Lose: Exploring the Causes and Cures of Missionary Attrition" und stammt von einem herrn William D. Taylor, falls es irgendjemand interessiert

Noemi, Tabita und Elias

Noemi, Tabita und Elias
Drei Gründe, um Gott dankbar zu sein.