Dienstag, 18. Dezember 2007

Postmoderne, Emerging Church und die ewige Suche nach der Urgemeinde

Ich lese und denke immer noch viel über unsere postmoderne Kultur nach. Ich behaupte einmal, sie jetzt so halbwegs verstanden zu haben und nun versuche ich herauszufinden, welche Folgen der Kulturwandel für die Gemeinde Jesu hat. Eins fällt mir dabei immer wieder auf. Menschen, die bereits für sich Antworten gefunden haben, betonen auffallend oft, dass sich unsere Gemeinden dahingehend verändern müssen, dass wir weg von der Institution Kirche gehen und wieder zurück zu den Anfängen, der Urgemeinde kommen sollen. Und dann reden sie viel von Lebensgemeinschaften, Hauskirchen und ihren kleinen Zellen. Ich frage mich aber immer mehr, ob es das wirklich ist. Zum einen müssen wir es ja mal ganz offen aussprechen: Wir reden immer von der Urgemeinde, als wenn wir ganz genau wüssten, wie sie wirklich war. Klar, wir haben ein paar Briefe in der Bibel aus dieser Zeit. Wir haben ein paar Jungs in ihre Gegen geschickt, die nun im Sand buddeln und ab zu tatsächlich etwas finden, was in einen Zusammenhang mit der Urgemeinde gebracht werden kann. Aber wissen wir, wie ihr gemeinsames geistliches Leben genau aussah? Ac 2,42 hilft ein wenig weiter, aber wie lebten sie denn, nachdem es in Jerusalem zur ersten Verfolgung kam? Lebte die Gemeinde(n?) in Rom anders als die in Korinth? Wie unterschied sich eine heidenchristliche Gemeinde von einer jüdisch geprägten? Wenn ich über meine Gemeinde hier in Hamburg sage, dass wir eine tolle Gemeinschaft, eine halbwegs vernünftige Verkündigung und ein tolles Musikteam haben, wisst ihr dann, wie meine Gemeinde ist?

Es hört sich sehr wildromantisch an, wenn wir sagen, dass wir zurück zu den Anfängen wollen, aber was heißt das denn? Und wollen wir das wirklich? Die Urgemeinde traf sich als Oikos, als Haus. Das war im Wesentlichen die Großfamilie, also Mama, Papa, die Kinder, die Geschwister die nicht verheiratet waren, die Sklaven und noch ein paar aus der unmittelbaren Nähe. Es waren auf jedenfalls nicht die guten Freunde, mit denen man sich an einem Abend bei einem Glas Rotwein überlegt hat, eine Lebensgemeinschaft zu gründen. Willst du wirklich zurück zur Urgemeinde? Willst du wirklich zusammen mit deinen Eltern und deinem schrägen Onkel eine Gemeinde gründen?

Kann es sein, dass wir eigentlich nur die Nase voll haben von der Institution Kirche? Weil wir zu oft selber von ihr enttäuscht wurden oder weil wir bestimmte Leute dort nicht mögen oder weil der Gottesdienststil uns zu langweilig oder zu unruhig ist oder weil wir dem Vorstand nicht vertrauen oder weil wir nicht bereit sind, unsere Energie in eine Sache zu investieren, in der nicht immer alles so läuft, wie wir das wollen. Eine letzte Frage: Kann es sein, dass wir viel mehr Sehnsucht nach einer basisdemokratischen WG haben, als nach der Urgemeinde? Oder vielleicht einfach nur nach einer echten Familie?

Mein Vorschlag: Lasst die Urgemeinde endlich in Frieden ruhen und damit beginnen zu überlegen, wie Gemeinde in der Postmodernen funktioniert. Lasst uns dabei so ehrlich sein und zugeben, dass auch wir Kinder der Postmodernen sind und nicht nur auf sie reagieren. Auch wir misstrauen Institutionen und sehnen uns nach Individualität.

Sicherlich muss sich einiges in unseren Gemeinden ändern, aber wir müssen in der Postmoderne Gemeinde nicht neu erfinden.



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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Stromausfall

Heute morgen um 6 verabschiedeten wir uns für 2 Stunden von der Zivilisation. Stromausfall in unserer Straße. Gut, dass wir gerade Adventszeit haben, denn so stehen überall Kerzen herum und wir konnten unsere Wohnung wieder in ein leichtes Licht tauchen. Tabita meinte dazu: "Das ist total schön. Das erinnert mich an die gute alte Zeit, als es noch keinen Strom gab." An dieser Stelle machte ich den Fehler und erklärte ihr, dass man sich nur an etwas erinnern kann, was man auch erlebt hat (was bin ich für ein kleinkarierter Spießer). Darauf hin erklärte mir Tabita, dass sie sich sehr wohl daran erinnern kann, weil sie schließlich damals bei Jesus war und auf die Erde geschaut hat. Ich bekam Kopfschmerzen und nahm mir vor, es zu einer Lebensregel zu machen, dass ich nie wieder morgens um sechs mit einer Siebenjährigen diskutieren werde.

Aber ganz unrecht hatte sie nicht. Nein, nicht das bei Jesus sitzen und so. Es war wirklich schön. Die Kerzen sorgten dafür, dass wir uns nur auf wenige Dinge in der Wohnung konzentrieren konnten und der Rest im Dunkeln lag. Das tat unglaublich gut. Wir haben einfach zu viel, sind zu vielen Reizen ausgesetzt und die Seele atmet mal auf, wenn den Augen, Ohren und dem Gehirn mal eine Ruhe gegönnt wird. Was wirklich gefehlt hat, war der Kaffee.

Donnerstag, 6. Dezember 2007

Nana Fritz

Gestern hatten wir hier in der Stadtmission Fritz Pawelzik zu Gast. Der Mann stammt zwar aus dem Ruhrgebiet, wurde aber vor einigen Jahren zum Häuptling der Ashanti ernannt. Ganz spannende Geschichte. Bis heute ist er das Oberhaupt von rund 300.000 Menschen. Zu seinem Volk gehören Christen (evangelische, katholische, charismatische usw.) und eine ganze Reihe Moslems. Der Häuptling weiß, dass sie nicht alle zu demselben Gott beten und Pawelzik ist jemand, dessen Herz ganz und gar für Jesus schlägt und trotzdem reden sich die Aschantis als Brüder und Schwestern an, auch dann, wenn sie einer anderen Religion angehören. Der Glaube trennt sie, aber ihre Zugehörigkeit zu einem Volk vereint sie. Können wir hier von ihnen lernen? Sicherlich macht es jetzt keinen Sinn, über die Auferstehung des deutschen Volkes zu reden. Deutschland wurde globalisiert – die Klasse meiner Tochter ist eine riesige bunte Mischung von Kindern aus allen möglichen Nationen. Auch wenn wir alle in einem Land leben und selbst wenn wir alle denselben Pass hätten, wir wäre nicht ein Volk. Und trotzdem vereint uns die Tatsache, dass wir Menschen sind. Ich weiß, dass das ein alter Hut ist, aber manchmal werde ich den Eindruck nicht los, das wir das übersehen und doch wieder Feindbilder mit uns rumschleppen, mit denen wir uns voneinander abgrenzen und es nicht zu lassen, dass Brücken überhaupt gebaut werden. Warum gibt es in unseren Gemeinden so wenig Ausländer? Das hat doch nicht nur was mit McGavarans Entdeckung zu tun, dass Menschen dann eher Christen werden, wenn sie dabei keine kulturellen Grenzen überschreiten müssen, sondern damit, dass wir so gut wie keine ausländischen Freunde haben, mit denen wir über unseren Glauben reden. Und woran liegt das wiederum? Warum bleiben wir so gern unter uns? Oder liegt es doch nur an dem fehlenden Willen der Ausländer, sich zu integrieren?

In unseren Kindergruppen kriegen wir das interessanterweise leichter hin, aber schon bei den Jugendlichen hört es so langsam auf und spätestens der Gottesdienst ist einfarbig. Ich denke, es wäre ein erster guter Schritt, wenn wir den Mut hätten, die Menschen um uns herum tatsächlich als Brüder und Schwestern zu sehen. Wie würdest du deine Schwester behandeln, wenn du sie beim Aldi an der Kasse triffst? Vermutlich anders, als die Ausländerin, die da sonst immer sitzt. Stell dir vor, die Ausländerin wäre deine Schwester. Wie würdest du deinen Bruder behandeln, der abends an deiner Tür steht, zittert und dich fragt, ob du noch was zu essen hast, weil es im Moment etwas knapp bei ihm ist? Vermutlich anders, als den Penner, der sonst immer kommt. Stell dir mal vor, der Penner wäre dein Bruder. Auch wenn wir nicht immer denselben Glauben haben, verbindet uns mehr als uns trennt.

Dienstag, 4. Dezember 2007

Mariologie

Ich sitze gerade an meinen Predigten, die ich in der Adventszeit halte. Ich leide in den letzten Jahren immer mehr daran, das wir die Menschwerdung Jesu nur auf eine nette Geschichte mit Maria, Joseph, einem Esel und natürlich der unvermeidlichen Krippe reduzieren. Weihnachten ist mehr. Darum habe ich mich auch entschieden, in diesem Jahr einmal über Themen zu sprechen, die sonst eher am Rand vorkommen. So ging es am letzten Sonntagabend um das Thema Jesus im Alten Testament, am kommenden Sonntag (Adventfeier (!) um die Jungfrauengeburt und am 16.12. dann um den Stammbaum Jesu. Ich weiß, im ersten Moment erscheint das so spannend, wie einer Packung Tiefkühlerbsen beim Auftauen zu zusehen, aber in diesen Themen steckt eine Menge geistlicher Sprengstoff, der unsere eingefahren Vorstellung von dem kleinen Kind in der Krippe pulverisieren kann.

Heute habe ich den Tag mit der Jungfrau Maria verbracht. Nein, ich werde jetzt nicht katholisch oder bin ich es schon längst? J. Sicher, die Frau steht weder auf einer Stufe mit Jesus, noch über ihm, noch hat sie etwas mit unserem Heil zu tun, noch ist sie eine Brücke zwischen uns und dem Himmel. Trotzdem sollten wir sie nicht einfach so aus unserem Gedächtnis streichen. Sie hat den Sohn Gottes zur Welt gebracht (falls jemand nun fragt: "Und?", so muss ich zugeben, dass ich darauf auch noch nicht wirklich eine Antwort habe. Vielleicht gibt es dir auch nicht. Und doch steht sie da zumindest als ein Vorbild. Als der Engel ihr erzählt, dass sie vom Geist Gottes schwanger werden würde, sagte sie nur: "Mir geschehe wie du willst." Völlige Hingabe – und es geht nicht darum, dass sie beauftragt wurde, im Kirchenchor mitzusingen. Sie musste einige Monate später zu Hause erzählen, dass sie ihren Bauch nicht Joseph, sondern dem Heiligen Geist zu verdanken hatte (ich würde Geld dafür geben, um das Gesicht ihrer Eltern zu sehen). "Mir geschehe, wie du willst." Wenn ich das NT richtig beobachte, dann hat sie daran festgehalten bis zu dem Tag, an dem sie mit ansehen musste, wie ihr Sohn blutig an einem schäbigen Holzkreuz erstickt ist. Als Vater ahne ich, was das bedeuten muss. Sie ist für mich ein Vorbild, wenn es darum geht, sich Gottes Plänen kompromisslos unterzuordnen.

Donnerstag, 29. November 2007

Zeitgeist

Ich habe heute von Kathrin (eine der besten Praktikantinnen, die wir hier jemals in der Stadtmission hatten) das Buch Zeitgeist geschenkt bekommen. Nein, deswegen habe ich die Klammerbemerkung nicht geschrieben, sie ist wirklich gut. Und das Buch auch. Ein Haufen Leute schreiben hier über die Postmoderne, aber diesmal nicht nur theoretisch und aus philosophischer Sicht mit einem Haufen Fragezeichen am Ende, sondern als Christen, die vorhaben, in dieser Welt etwas zu bewegen. Statt hilfloser Angst gegenüber einer neuen Epoche, in der wir längst leben, begegnen einem hier Menschen, die wichtige Antworten gefunden haben. Richtig gut.

Mittwoch, 21. November 2007

279 MB unnötige Dateien

Als ich gerade in mein Büro kam, sah ich, dass mein Computer nach unnötigen Dateien sucht. Das macht er immer dann, wenn ich gerade nicht im Raum bin, um mich nicht bei der Arbeit zu stören. Sehr nett. Am Ende waren es 279 MB, die ich nicht mehr brauche, sagt mein Computer. Also hab ich den Befehl gegeben, sie zu löschen.

Als ich heute ins Büro kam, sah ich, dass wir Buß- und Bettag haben. Der Heilige Geist sucht in meinem Leben oft Dinge, die ich nicht mehr brauche. Das tut gut, auch wenn es manchmal weh tut, aber Freiheit hat nun mal ihren Preis.

Freitag, 9. November 2007

Wettessen

103 Hotdogs in 8 Minuten – das ist der neue Weltrekord im Wettessen, der gestern von einem Amerikaner aufgestellt wurde. Die Bilder sind schon eklig genug, aber richtig dreht sich mir der Magen um, wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschen heute sterben werden, weil sie seit langem nichts mehr zu essen hatten. Irgendetwas läuft hier mächtig schief.



Während du diesen Text gelesen hast, sind 3 bis 4 Kinder an den Folgen ihrer Armut gestorben ...

Ich habe eine Lösung für unsere finanziellen Probleme und endlich verstanden, warum der Verkehr in Hamburg so furchtbar ist

Sollte man mir jemals die Aufgabe übergeben, das schrägste Volk der Erde zu wählen, die Japaner würden zumindest auf einem der ersten Plätze landen. Gestern habe ich gelesen, dass einer ihrer kreativen Erfinder eine Bomben-Spardose entwickelt hat. Der Besitzer von so einer Dose muss regelmäßig Geld hineinwerfen, wenn nicht, dann explodiert sie und haut ihm die paar Münzen, die noch drin sind, um die Ohren. Auf diese Weise sollen Japaner zu mehr Sparen motiviert werden. Ich werde mich mal mit dem Menschen in Verbindung setzen, vielleicht kann man die Dinger auch für unsere Gemeinde modifizieren: Zu Beginn der Kollekte geben wir einen Zielbetrag ein, wenn der nicht erreicht wird ….

Dann habe ich heute Morgen im Radio gehört, dass in den letzten zwei Tagen über 1200 Verkehrsteilnehmer in Hamburg auf Drogen überprüft wurden. Heraus kam, dass eine Menge Leute sich was einwerfen, bevor sie sich hinters Steuer setzen. Geahnt habe ich das schon immer. Es ist übrigens auch gar nicht so schwer, diese Leute zu finden: Sie fahren immer direkt vor mir.

Samstag, 3. November 2007

… und ich bin doch kein Verbrecher

Gestern Abend wollte ich kochen. Garnelen mit Salat, in Basalmico eingelegte Champignons, karamellisierte Pinienkerne und Parmesankäse. Dazu Antipasti und Weißbrot. Da ich noch nicht alle Zutaten hatte, fuhr ich zum großen Supermarkt am Ende der Straße und kaufte ein. Auf dem Weg zur Kasse kam ich an einem Regal vorbei, wo man sich seinen Naschkram selber zusammenstellen kann. Da ich weiß, dass meine Frau dieses Zeug liebt, entschloss ich mich meiner Süßen etwas Süßes mitzubringen (weiß jemand, wie man dieses stilistische Mittel nennt?). Ich fing also an, die Gummiteile, das Lakritze und was weiß ich noch alles, in die Tüte zu stopfen. Dabei fiel mir der 14jährige Süßwarenfachverkäufer auf, der ca. drei Meter von mir damit beschäftigt war, Kartons auszupacken. Seine Augen waren auf meine Hände fixiert. Er beobachtet jeden meiner Bewegungen. Offensichtlich wusste er ganz genau, dass ich zwischendurch mal naschen werde und das wäre mein Ende gewesen – so viel konnte ich in seinen Augen lesen. Die Festnahme eines Topterroristen in der Hamburger Innenstadt wäre nichts im Vergleich zu dem gewesen, was mit mir passiert wäre. Also achtete ich darauf, keine hektischen Bewegungen zu machen und hielt meine Mund geschlossen. Als ich dann die Sachen abwog und das Preisschild ausdruckte, war es aber dann doch um mich geschehen. Plötzlich stand die Spürnase mit seinem weißen Kittel vor mir, bäumte sich vor mir auf und meinte: "Sie dürfen das Preisschild erst dann ausdrucken, wenn die Wage mit dem Wiegen fertig ist und auf keinen Fall früher." Jetzt ging mein Mund doch auf, aber mehr als ein Fragezeichen brachte ich nicht hervor. Und so konnte ich nur noch sprachlos mit ansehen, wie der jugendliche Meisterdetektiv mir die Tüte entriss, auf die Waage legte, rund eine halbe Stunde wartet (wusstet ihr eigentlich, dass innerhalb einer halben Stunden weltweit 180 Kinder geboren werden?), dann die Drucktaste betätigte, mich mit Grinsen anschaute, das aus einer Mischung aus Triumph und blanker Überheblichkeit bestand – und exakt den Preis auf die Tüte klebte, den ich auch vorher von dem kleinen Chip in der Waage errechnen ließ. So standen wir uns gegenüber. Er mit der Frage im Blick, wie ich es trotzdem geschafft hatte, seinen Supermarkt zu betrügen und ich mit einem Lächeln im Gesicht. So massiv ist mir das noch nie passiert, aber in den letzten Monaten habe ich immer mehr das Gefühl, in Geschäften nicht als Kunde sondern als potentieller Krimineller betrachtet zu werden oder zumindest als jemand, der die Mitarbeiter daran hindert, in Ruhe ihre Waren auszupacken und ständig im Weg rum steht.

Donnerstag, 1. November 2007

Zerbrochene Herzen

John Eldrege schreibt in seinem Buch, der ungezähmte Christ:

"Jesus hat über den verletzten Teil in unserem Leben etwas zu sagen. Oft werden es aufmerksame und liebevolle Worte sein oder Worte des Trostes. Manchmal wird er uns eine Frage stellen: Wovor hast du Angst? Oder willst du, dass ich dich heile? Er wird die Schatten aus den Regionen unseres Herzens vertreiben, wird sie aus dem Versteck holen, er bringt unsere Gebrochenheit dahin, wo es Gewissheit gibt."

Ich muss dabei an Psalm 147,3 denken: "Er heilt die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden." Das ist nicht bloß ein Bild, sondern ein göttliches Versprechen.

Danke Jesus.

Soll ich etwas schreiben?

Ich lese gerade die Kommentare auf meinen letzten Post und denke darüber nach, ob ich sie kommentieren soll. Ne, mach ich nicht. Soviel Spannung halte ich mal aus (auch wenn es in den Fingern noch so juckt). Natürlich freu ich mich über jeden, der das hier liest und über jeden, der einen Kommentar hinterlässt, aber das hier ist nun mal mein ganz persönlicher Blog, in dem ich meine ganz persönlichen Gedanken aufschreibe. Die Vitrine meiner Gedanken – durchsichtig und sichtbar. Kommentiert, aber bitte diskutiert hier nicht. Lasst uns das an einer anderen Stelle machen – mit Augenkontakt und so, ja?

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Ich bin dafür, nicht dagegen

Irgendwann musste es ja mal passieren: "Stefan, sollen wir nicht mal als Gemeinde etwas gegen Halloween unternehmen?" Man muss doch etwas tun. Wir können doch nicht zulassen, dass Spiritismus verharmlost wird und sich als normal in den Köpfen unserer Kinder einnistet. Irgendwie richtig und trotzdem muss ich alle enttäuschen, die an dieser Stelle von mir erwarten, dass ich nun aufstehe und etwas gegen dieses Fest (?) unternehme. Ist euch schon einmal aufgefallen, dass Christen unglaublich stark darin sind, zu sagen, wogegen sie alles sind? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jesus das gemeint hat, als er sagte, dass wir losgehen sollen und den Menschen die gute Nachricht bringen sollen. Wir sind nicht dazu da, um gegen etwas zu sein, sondern für etwas (okay, das ist jetzt wieder einmal mächtig verkürzt formuliert, aber ich hoffe, ihr versteht, was ich meine). Ein Profil bekommen wir nicht dadurch, dass wir die Dinge der anderen kaputt machen, sondern dadurch, dass wir betonen, wofür wir stehen. Der 31.10. ist dafür das perfekte Beispiel. Ihr erinnert euch? Heute ist auch Reformationstag. Vor vielen Wintern schlug Mönch Martin seine 95 Thesen an eine Kirchentür (das war sein Blog) und löste damit die Reformation aus (was er zu diesem Zeitpunkt nicht gewollt hatte, er wollte nur mal eben auf ein paar Missstände (schreibt man das jetzt wirklich so?) in der Kirche aufmerksam machen, was mich daran erinnert, dass ich etwas ähnliches ausgelöst habe, als ich meiner Tochter abends kurz vor dem Schlafengehen noch befohlen habe, ihr Zimmer aufzuräumen, aber das ist eine ganz andere Geschichte). Zurück zu Martin. Ihm haben wir es zu verdanken, dass die alte Wahrheit wieder ans Licht kam, dass wir Menschen von Gott bedingungslos angenommen werden und dass wir nicht aufgrund unserer Leistungen mit ihm leben können, sondern dass allein der Glaube ausreicht (der uns übrigens auch wiederum von Gott geschenkt wird). Ich finde, die Botschaft der Reformation ist viel stärker als nur zu sagen: "Wir Christen halten nichts von Halloween."

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Elias

Elias (1,5) liebt Eier. Vor ein paar Tagen steht er morgens auf, kommt in die Küche geschlurft und fragt verschlafen: "Papa, Eier?" Ich: "Nein, heute gibt es keine. Erst wieder am Sonntag." Elias: "Manno." Steckt seine Hände in die Taschen seines Schlafanzugs und geht wieder zurück ins Bett.

Mittwoch, 17. Oktober 2007

Sanctorum Communio

Ich lese gerade von Dietrich Bonhoeffer Sanctorum Communio – eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche. Ich weiß, das hört sich so spannend an, wie das letzte Deutschlandspiel gegen Irland (ich bin noch vor der ersten Halbzeit ins Bett gegangen), aber nachdem ich mich nun gegen die etwas zähe Sprache Bonhoeffers gekämpft habe, werden immer mehr Schätze sichtbar.

Einer der Sätze, die mich nachdenklich gemacht haben: "Die Realität der Sünde ist geblieben, auch in der Gemeinde Gottes, so auch in der communio peccatorum, Adam ist nur in eschatologischem Hinblick durch Christus wirklich abgelöst (in spe). Solange es Sünde gibt, ist auch in jedem Menschen noch die ganze sündige Menschheit."

Ich finde solche Gedanken auf der einen Seite sehr herausfordernd, auf der anderen aber auch sehr Mut machend. Ich fange mal von hinten an: Mut machend, weil ich glaube, dass wir uns viel zu oft in den Gemeinden überfordern, in dem wir verlangen oder erwarten, dass alles perfekt zu sein hat. Dass sich jeder aufopfernd um den anderen kümmert, dass Machtspiele in unseren Räumen nicht mehr stattfinden und dass Gemeinde der Vorhof zum Himmel sein muss. Bonhoeffer entspannt hier. Solange unsere Füße diese Erde berühren werden wir Fehler machen und Dinge tun, die wir lieber lassen sollten. Ich denke, mit dieser Haltung schützen wir uns vor Enttäuschungen und unsere Gemeinschaften davor, sich zu überfordern.

Anderseits fordert mich das, was Bonhoeffer sagt, auch heraus. Denn ich will mich mit diesem Zustand nicht so einfach zufrieden geben. Ich will mehr und mehr lernen, wie Gemeinschaft "funktioniert", will mich vom Geist Gottes verändern lassen, um Gemeinschaft leben zu können. Ich sehne mich danach, dass ich von meiner Sehnsucht nach mir allein geheilt werde. Ich will mich nicht mit dieser Haltung zufrieden geben: "Ich bin schlecht, du bist schlecht, lass uns zusammen schlecht sein." Ich will, dass der alte Adam stirbt.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Der große Westminster Katechismus

Ich habe gerade etwas im Westminderst Katechismus gestöbert. Manche theologischen Überzeugungen, die dort genannt werden, finde ich schon mächtig schräg. Was mich aber fasziniert hat, sind die ersten Sätze, die alles Wichtige auf den Punkt bringen.

Frage: Was ist die vornehmste und höchste Bestimmung des Menschen?

Antwort: Die vornehmste und höchste Bestimmung des Menschen ist, Gott zu verherrlichen und ihn vollkommen zu genießen in alle Ewigkeit.

Okay, neu ist das auch nicht. Mindestens seit Augustin finden sich solche Sätze in unseren Bücherregalen wieder, aber es ist gut, daran erinnert zu werden. Mitten im Alltag, wenn wieder einmal alles andere wichtiger geworden ist. Wenn mein Leben mit Gott wieder einmal verkürzt wurde auf ein Leben für Gott.

Interessant ist auch zu sehen, wie die Jungs aus Westminster das Thema Anbetung füllen. Für sie besteht echte Anbetung aus vier Elementen: Anerkennung Gottes, Zuneigung, Unterwerfung und Anbetung – es geht also um viel mehr, als nur darum, ein paar Minuten im Gottesdienst Lieder zu singen und zu beten und auch um mehr, als darum, sich an die Regeln zu halten. Anbetung ist nach wie vor eine Lebenshaltung, die nicht immer bequem und von angenehmen Gefühlen begleitet wird, sondern kann auch manchmal sehr schwer sein (zumindest im Blick auf Anerkennung und Unterwerfung, wenn ich dann einfach mal Dinge sein lasse, nicht weil ich es einsehe, sondern weil ich mich Gott unterordne). Anbetung ist nicht das, was mir gefällt, sondern das, was Gott ehrt. Schön, wenn beides zusammenkommt, aber das ist nicht die Voraussetzung.


 

Donnerstag, 20. September 2007

Dienstag, 18. September 2007

Oxford, Nachlese

Nachdem ich ich wieder den Kontinent unter meinen Füßen habe, ist ein guter Zeitpunkt gekommen, um einmal das zu reflektieren, was ich in den letzten Tagen gesehen habe. Die spannendste Frage ist für mich, wie der Gemeindeverband in Oxford es geschafft hat, so relevant für seine Umgebung zu werden.
Ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

Sie leben sehr bewusst mit dem Heiligen Geist. Gebet und Hören auf Gottes Reden nehmen einen hohen Stellenwert ein. Leben mit dem Gott, der redet, ist für sie keien Theorie, sondern Alltag. Im Leitungsteam sind Leute, die die Gabe der Prophetie haben und die Pastoren arbeiten sehr eng mit ihnen zusammen.
Sie haben liebevolle Beziehungen untereinander. Während ich in Oxford war, wurde bekannt, dass sich ein Jugendlicher aus einer der Gemeinden das Leben genommen hat. Die ganze Gemeinde hat sich getroffen, um für die betroffene Familie zu beten. Steve sprach davon, dass er den schönsten Arbeitsplatz hat, den er sich vorstellen kann, weil er den ganzen Tag mit seinen Freunden zusammen ist.
Sie dienen sich gegenseitig. Die „Profis“ treten nicht als Allwissende auf, sondern ordnen sich der Gemeinde unter, der sie dienen. Sie sagen nicht, was die Gemeinden für den Verband tun können, sondern sie fragen sich, wie sie den Menschen in den Gemeinden helfen können, um geistlich zu wachsen.
„Mündige Gemeinde“ bedeutet für sie nicht in erster Linie, dass immer alle ihre Meinung sagen, sondern bedeutet, dass möglichst alle ihre geistlichen Gaben kennen und sie einsetzen.
Sie bemühen sich sehr, dass die Menschen in ihren Gemeinden geistliche Ziele erreichen und ständig wachsen. Sie haben keine „Angebote“ in der Gemeinde, sondern ein geistliches Gesamtkonzept.
Es geht nicht um Konzepte oder um große Veranstaltungen, sondern um den einzelnen Menschen.
Die Leitung ist anerkannt. Sie müssen sich nicht für ihre Entscheidungen rechtfertigen und alles dokumentieren, sondern die Gemeinden vertrauen ihnen und das gibt ihnen die nötige Freiheit.
So können Entscheidungen getroffen und Wege gegangen werden, ohne sich in elend langen Diskussionen zu verstricken.


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Montag, 17. September 2007

Oxford IV

Wir haben zwar erst 16.00 Uhr, aber mein Kopf fühlt sich an, als wäre es schon lange nach Mitternacht. Hinter mir liegt ein unglaublich kompakter Tag. Alles begann wieder mit einem guten Frühstück bei Hobbs und der anschließenden Fahrt nach Oxford. Um 9.00 Uhr habe ich an der Andacht der Studenten teilgenommen. Simon, der Direktor stellte mich kurz vor und dann ging es los. Zuerst erzählten die Studenten, was sie am Wochenende mit Gott erlebt hatten. Das war schon Andacht genug, aber es ging noch gut 20 Minuten weiter mit ein paar geistlichen Gedanken eines Studenten und einer Anbetungszeit. Danach bat mit Simon für die Studenten des neuen Semesters zu beten und sie zu segnen.

Um 10.00 Uhr trafen wir dann Steve, den Hauptpastor der 13 Gemeinden. Es war ein prächtiges und lebhaftes Gespräch, bei dem ich einige Antworten auf meine Fragen bekommen habe. Zwar kochen die hier auch nur mit Wasser, aber ihr Wasser ist irgendwie anders.
Nachdem alles gesagt wurde, was gesagt werden musste, beteten wir zusammen und füreinander und weiter ging es zu Simon. Man merkte schnell, dass sein Herz für seine Studenten schlägt. Wir haben auch hier lange geredet, über die Bibelschule, ihre Ziele und die Möglichkeit für die Studenten für ein paar missionarische Einsätze nach Deutschland zu kommen.
Auf dem Rückweg von Oxford hielten wir dann noch an einer Schule, die ebenfalls zu Salt and Light gehört. Cedric schleuste mich in die Deutschlasse. Die Lehrerin wusste zwar, dass wir kommen wollten, hatte das aber wohl vergessen, weil sie gerade angefangen hatte, einen Deutschtest schreiben zu lassen. Der Test wurde dann für uns unterbrochen – und ich weiß, dass mich ein Haufen Teenager hier in England nun unglaublich lieben. Nachdem ich begrüßt wurde, rief die Lehererin in die Klasse: "Deutschland ist ..." und die ganze Klasse antwortete: "Deutschland ist geil." Ich musste dann auf den heißen Punkt (ein roter Fleck im Klassenraum, ich möchte gar nicht wissen, wozu der sonst verwendet wird, die Erinnerungen an meine Schulzeit ohne roten Flecken auf dem Boden hat mir schon gereicht) und die Schüler mussten mir ein paar Fragen stellen. Das war nett, weil sie gemerkt haben, dass es etwas bringt, eine fremde Sprache zu lernen. Gut 20 Minuten später machten wir uns dann auf den Heimweg und die Schüler wieder daran, ihren Test weiterzuschreiben.

Bei Hobbs gab es dann Lunch und ich machte mich anschließend ans Kofferpacken, bevor wir uns in Richtung London aufmachten. Unterweges hielten wir an einer Grundschule an, die ebenfalls zum Gemeindeverband gehört. Was mich beeindruckt hat, sind die Sicherheitsbestimmungen hier. Am Eingang mussten wir uns in eine Liste eintragen, mit Namen, Ankunftszeit und unserer Unterschrift. Dann haben wir uns ein paar Klassen angeschaut, mit den Lehrerinnen gesprochen und die Schüler angelächelt. Es war ein unglaublich süßes Bild, die Jungs und Mädels, die alle in Tabitas Alter waren, in ihren Schuluniformen zu sehen.

Jetzt sitze ich gerade auf dem Flughafen hinter der Sicherheitskontrolle und warte darauf, dass man mir verrät, zu welchem Gate ich muss. Die Kontrolle selber war der Hammer. Dass wir unsere Hosen anbehalten durften, lag wohl nur daran, dass heute Montag ist. Tasche, Notebook (ausgepackt), Jacke, Gürtel, Schuhe und meine Uhr musste ich in eine Kiste packen, die dann durchleuchtet wurde. Anschließend wurde ich noch persönlich von einem Sicherheitsbeamten durchsucht (der Mann war sehr gründlich, ich glaube, er kennt meinen Körper jetzt genauso gut wie ich). In Heathrow herrscht eine riesige Angst vor einem Terroranschlag. Auch wenn es nervt, bin ich doch dankbar, dass sie es hier so genau nehmen. Alles andere würde mich nur nervös machen. So, ich schau mal, ob es schon ein Gate zu meinem Ticket gibt. Wir hören uns in Hamburg.

Nachtrag: Mit einer Stunde Verspätung bin ich sicher in Hamburg gelandet. Gute Nacht.

Sonntag, 16. September 2007

Oxford III

Seit ein paar Minuten bin ich wieder in Witney. Der Tag war lang und voller Eindrücke. Alles ging los mit einem britischen Frühstück und der Fahrt zu einem Parkplatz in Oxford. Von dort gingen die Shuttlebusse zur Gemeinde los. Das Kings-Center selbst liegt mitten in einem Industriegebiet. Neben der Gemeinde ist auch noch die Bibelschule in dem Gebäude untergebracht.
Im Gottesdiest gab es ein paar Punkte, die mich ins Nachdenken gebracht haben. Man spürt dem Gemeindeverband hier ab, dass sie wirklich zusammengehören und zusammen arbeiten. Das erreichen sie dadurch, dass die Arbeit nicht nur von einem Hauptpastor (Inspektor) geleitet wird, sondern dass es verschiedene Teams gibt, die sich den einzelnen Gemeinden kostenlos zur Verfügung stellen. Und sie haben eine gemeinsame Vision.
Im Gottesdienst habe ich dann auch Duck Holy kennen gelernt. Duck strahlt eine unglaubliche Liebe für Jesus aus und arbeitet als Musiker für Kinder. Er hat innerhalb von wenigen Minuten die rund 1000 Besucher zum Toben gebracht, aber auf eine gute Art und Weise. Man musste einfach mitmachen.
Nach dem Gottesdienst ging es dann nach Oxford rein. Audry und Cedric haben mit Colleges, Kirchen und noch ein paar wunderschöne Ecken gezeigt. Ich stand unter der Kanzel von John Wessley und war in dem Speisesaal, in dem Harry Potter gedreht wurde. Sehr viel mehr Kontrast ist fast schon nicht mehr möglich, zumal beide Orte keine 300m auseinander liegen. Und wenn man einmal sieht, was John alles bewegt hat, wirkt das ganze Drumherum um Harry Potter so unglaublich blass.
Morgen treffe ich den Hauptpastor des Gemeindeverbandes und den Leiter der Bibelschule. Zwei Treffen, auf die ich mich schon heute freue. Am Nachmittag geht es dann zurück nach London und abends nach Hamburg.

Samstag, 15. September 2007

Oxford II

So, jetzt bin ich da, wo ich hin wollte. Nach einem angenehmen Flug, genug Platz für die Beine udn einem leckeren Sandwich bin ich in London gelandet. Audry und CEdic haben mich vom Flughafen abgeholt und mich ein wenig in ihr Land eingeführt. Jetzt sitze ich in Ihrem wunderschönen Haus und bin einfach nur dankbar dafür, dass ich hier sein kann. Es gab schon leckeren Kuchen, den Audry gebacken hat und meine erste Tasse englischen Tee. Morgen werde ich dann den GEmeindeverband kennen lernen. Cedric hat schon angedeutet, dass iche in paar Leute treffen werde, auf die ich mich freue. Ich stehe im Augenblick an einem Punkt, an dem ich mehr Fragen als antworten habe. Ich suche nach einem Weg, wie Menschen mit der besten Nachricht der Welt erreicht werden udn gleichzeitig in einer Gemeinde auch langfristig eien Heimat finden. Ich suche also nach einem missionarischen GEsamtkonzept, das nicht nach einem Alphakurs stehen bleibt. Mal sehen, wie die Leute hier diese Frage beantworten.

Im Flugzeug habe ich noch mal im Emmaus-Kurs herumgestöbert. Ich denke, hier stimmt schon mal die Richtung. JEtzt würde ich gern herausfinden, wie man die vielen guten Ideen auch umsetzen und leben kann.

So, jetzt werde ich es mir in meinem schönen großen Bett gemütlich machen. Gute Nacht.

Oxford I

Ich sitze gerade am Flughafen in Hamburg und warte auf meinen Flug nach London. Bis Montag werde ich bei Audry und Cedric sein. Cedric war in den letzten beiden Jahren immer mal mit einer Gruppe Studenten bei uns und ich finde, es ist ein guter Zeitpunkt, um mal nachzuschauen, wo sie eigentlich herkommen. Morgen findet in Oxford eine Konferenz statt, zu der Cedric mich eingeladen hat.
Ich sehne mich im Augenblick danach, einmal etwas ganz anderes und etwas ganz Neues kennen zu lernen, weil ich merke, wie sich mein Blick in den letzten Monaten zu sehr auf zu wenige Punkte konzentriert hat (die nicht immer schön waren) und mein Leben dadurch ein wenig blasser geworden ist.
Schade, dass Karin und die Kinder nicht mitkommen können, aber sie sind in guten Händen. Gerlinde ist vorhin in Hamburg angekommen. So, mal sehen, wann ich das hier online stelle. Ich könnte hier zwar für ein Heidengeld einen Wlan-Zugang bekommen, aber ich sehe es nicht ein, dass ich für die eine Minute, die ich brauche, so viel Geld hinzublättern. Ich vermute mal, dass es in England auch schon Internet gibt ... Ich melde mich wieder.

Donnerstag, 13. September 2007

Lernen, verlieren zu können

Tabita hilft mir immer wieder neu zu lernen, wie es ist, eine Diskussion zu verlieren. Zum Beispiel vor drei Minuten.

Tabita: "Papa, wann habe ich Geburtstag?"

Ich: "In einem halben Jahr."

Tabita: "Nein, das ist doch viel früher."

Ich: "Nein, du hast erst in sechs Monaten Geburtstag."

Tabita: "Nein, das ist doch viel früher. Und zwar in 5 Monaten. "

Ich: "Schau mal, wir haben doch erst vor ein paar Tagen deinen Halbgeburtstag gefeiert (STELLT MIR DAZU KEINE FRAGEN, DASS IST EINE GANZ ANDERE GESCHICHTE). Also: Vor einem halben Jahr hattest du Geburtstag und in einem halben Jahr wirst du Geburtstag haben. So ist das mit dem Halbgeburtstag."

Tabita: "Na, dann lassen wir uns mal überraschen, wann ich Geburtstag habe."

Sprach's und ließ mich mit meinen Tränen allein.


 

Dienstag, 4. September 2007

Abschied, Neuanfang und das Leben dazwischen

Im Augenblick sind Andrea und Ulrich Reuter bei uns zu Gast. Wir denken als Gemeinde laut darüber nach, ob Uli mein Nachfolger hier in der Stadtmission wird und Reuters denken darüber nach, ob sie sich vorstellen können, hier zu leben und zu arbeiten. Ich (ganz persönlich, für mich, aus meiner Sicht) glaube, dass das richtig gut passen kann, auch wenn es sicherlich nicht immer einfach sein wird. Uli hat eine Art, mit der er gut die Lücken schließen kann, die ich nicht ausfülle. Würden sie kommen, dann weiß ich, dass die Gemeinde einen guten Pastor bekommen hat.

Wenn ich jetzt hier so sitze und darüber nachdenken, dann wird es immer klarer für mich, dass unsere Zeit hier in Hamburg zu Ende geht. Die Wirklichkeit wird fühlbar. Würde mich jemand fragen, wie es mir damit geht, dann könnte ich gar keine schlüssige Antwort darauf finden. Auf der einen Seite tut es weh, wenn ich daran denke, hier viele Menschen zurück lassen zu müssen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind und auch eine Arbeit, in die ich mich mit Leidenschaft investiert habe. Die Gemeinde ist ein Teil meines Lebens geworden. Auf der anderen Seite merke ich, dass ich anfange, mich auch innerlich von manchem zu lösen. Sicherlich wurde das jetzt durch die Turbolenzen der letzten Wochen beschleunigt.

Die Frage ist, wie wir das vor uns liegende Jahr gestalten. Ich möchte hier zu einer guten Landung ansetzen, um dann meinen Platz einem anderen zu überlassen. Um einmal in dem Bild zu bleiben: Ich will nicht die Tür vom Flugzeug einfach aufreißen, den Fallschirm anschnallen und dann nur noch mal ins Innere Brüllen: "Ich bin dann mal weg." Der Wechsel sollte von uns so ruhig wie möglich gestaltet werden. Es gibt noch eine Idee, die ich gern umsetzen möchte. Ansonsten weiß ich noch nicht, wo und wie ich mich anderes einbringen werde, nur dass das letzte Jahr anders sein wird, als die anderen.

In diesem Zusammenhang ist mir aufgefallen, dass wir im Studium eine Menge gelernt haben. Uns wurde beigebracht, wie man einen Bibeltext auslegt, wie Theologie "funktioniert", wie man eine ansprechende Predigt schreibt, wie man Gemeinden leitet und was weiß ich noch alles. Viele, viele wertvolle Dinge. Ich bin Gott und meinen Dozenten dankbar für mein Studium in Tabor. Was man uns aber leider nie beigebracht hat war die Antwort auf die Frage, wie man eine Versetzung gestaltet – weniger technisch in der Gemeinde selber, sondern auch emotional. Wie gehe ich damit um, eine Arbeit aufzugeben, an der ich 10 Jahre lang leitend mitgearbeitet habe? Wie kriege ich das unter die Füße, dass Menschen mir das Steuer aus der Hand nehmen, obwohl ich noch da bin? Wie helfe ich einer Gemeinde, die hier bleibt, während wir weggehen? Klar, wenn sich Pastor und Gemeinde im Streit trennen, dann ist das kein Thema, weil es neben dem Versuch, die strittigen Punkte doch noch zu klären und sich wenigstens gegenseitig Vergebung zu zusprechen, wohl nur noch darum geht, möglichst schnell den Möbelwagen zu beladen. Aber was ist, wenn die Beziehung zwischen Hauptamtlichen und Gemeinde gut ist und viele nicht wollen, dass wir gehen? Irgendwann sollten wir mal irgendwo darüber reden ….

Donnerstag, 30. August 2007

Wenn Masken fallen

Manchmal ist es gut, enttäuscht zu werden. Ich erlebe das im Augenblick in einer sehr massiven Weise. Nein, noch tut es nicht gut, sondern einfach nur weh, aber wenn die Masken runter sind, dann ist es möglich, ehrlich miteinander umzugehen. Nur so können wirkliche und echte Beziehungen wachsen.
Hier mal ein mächtiges Dankeschön an meine Familie. Es ist gut zu wissen, dass ihr hinter mir steht. Danke für eure Liebe.

Es tut weh, in den Rücken geschossen zu werden, aber es lohnt sich, wieder aufzustehen, weil es hier nicht um mich geht, sondern um etwas viel größeres …

Mittwoch, 29. August 2007

Rob Bell

Ich habe mir gestern zwei DVD's von Rob Bell und seinem NOOMA-Projekt bestellt. Nun sitze ich hinter der Gardine und warte auf den Paketdienst ... Die Videos sind richtig gut. Rob hat eine gute Art, zentrale Themen unseres Lebens (und unseres Glaubes) aufzugreifen und geistlich zu reflektieren - und das Ganze in einem ansprechenden Kurzfilm, mit faszinierenden Bildern und einer klaren Sprache.

Hier ein kleiner Vorgeschmack. Es ist vielleicht nicht der beste Film von ihm, aber mein erster, den ich von ihm gesehen habe.




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Ein kleiner Zwischenruf in den Alltag hinein

Das habe ich gerade im Netz gefunden. Nicht wirklich neu und auch nicht wirklich spektakulär, aber es ist gut, sich daran zu erinnern:
1. Menschen und Kommunikation sind wichtiger als gemeindlicher Aktivismus, Arbeitsgruppen und Strukturen.
2. Gelebter Glaube ist wichtiger als das theoretisieren über theologische Inhalte
3. Zusammenarbeit der Gläubigen ist wichtiger als die Satzungs- Unterschiede der Kirchenorganisationen.
4. Auf Zustände und Veränderungen der Menschen vor Ort einzugehen ist wichtiger als Traditionen, Gemeinde-Konzepten und Aufbau-Theorien zu folgen.




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Dienstag, 21. August 2007

Da sind wir wieder

 


So, wir sind wieder zu Hause. Erholt. Ein prima Urlaub liegt hinter uns. Okay, die Bilder zeigen nicht wirklich das, was wir erlebt haben, aber wollt ihr wirklich ein Foto vom Marktplatz in Schonnebeck sehen?
Spannend war es schon, nach Hause zu kommen. Hier sahen wir den Regen wieder, der uns vor ein paar Tagen erst verlassen hatte. In unserer Wohnung haben wir eine Jacke gefunden, die uns nicht gehört und meine Krankenkasse hat mir an einem Tag 10 Briefe geschickt. Ich sollte dort mal anrufen ...


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Freitag, 17. August 2007

Essen - Marburg - Ulfa und zurück

In ein paar Tagen ist er vorbei: unser Urlaub. Dann geht der Alltag wieder los – und ich freue mich mächtig drauf. Hinter uns liegen fast drei Wochen, die ausgefüllt waren mit netten Menschen (Familie, Freunden, Taborleuten und was weiß ich, wen wir noch alles getroffen haben), guten Gesprächen, viel Zeit, Spaß, gutem Essen, Sonne, Swimmingpool, Tierpark, Taborwoche, TEF und guten, neuen Gedanken. Kurz: Hier sitzt gerade jemand, der rundherum erholt ist und neu verstanden hat, wie schön es ist, zu leben.

Im Augenblick lese ich von Lawrence Crabb „Glück suchen oder Gott finden?“ Sehr spannend. Sein Hauptgedanken ist der, dass wir viel zu oft gar nicht wirklich Gott kennen lernen wollen, sondern nur jemanden brauchen, der sich um uns kümmert. Okay, das ist ja das, was die Bibel auch schon erkannt und sogar benannt hat: Sünde. Nur, so Crabb, viele Christen (und er schließt sich da ein) machen, nachdem sie Christen geworden sind, einfach so weiter. Nur, dass sie diesmal Gott vor ihren Karren spannen und sich von ihm wünschen, dass er sich um ihr Leben kümmert. Das hat aber nichts mit Liebe zu tun und endet spätestens dann, wenn Gott nicht so reagiert, wie ich es will. Gott lieben heißt, ihn auch dann zu lieben, wenn in meinem Leben alles drunter und drüber geht. Crabb ist der Meinung, dass uns genau das unendlich schwer fällt, weil wir tief in uns davon überzeugt sind, dass wir Gott erst dann wirklich vertrauen können, wenn er uns mit Hilfe von Wundern und Segnungen gezeigt hat, dass er doch gut ist. Wenn wir uns aber einmal in der Welt umschauen, dann spricht eigentlich viel gegen einen guten Gott, aber genau hier beginnt der Glaube und die Suche nach einer echten und tiefen Beziehung zum Herrn der Welt.
Mit manchem, was Crabb schreibt, bin ich nicht einverstanden und so manches malt er für mich zu schwarz-weiß, aber er fordert mich heraus, meinen eigenen Motive und meinen Standpunkt zu überprüfen. Das ist manchmal etwas peinlich, aber es tut gut und hilft mir, meine Beziehung zu Gott intensiver zu leben.

Freitag, 10. August 2007

Urlaub

Puuuh, eine Woche ohne Internetanschluss - es war wunderbar. Keine Mails, keine Werbung, kein "ich muss noch mal schnell" einfach nur Ruhe und Erholung bei Muttern in Essen, mitten im Pott.

Wer schon immer mal wissen wollte, wie so die Kultur im Ruhrgebiet ist, hier ein kurzer Mitschnitt aus der Schlüpferabteilung bei C&A, die ich so vor ein paar Tagen erlebt habe. Zwei Frauen (so knapp über 70) stehen am Wühltisch für Männerunterhosen:

Moni: ... und er zieht so was wirklich an?
Herti: Na ja, wenn ihm dir Dinger nicht gefallen, dann soll er sich mal selber welche kaufen.
Moni: Und wie wäscht du sie?
Herti: Na ganz normal bei 40 Grad, mitte Socken.
Moni: na ich weiß nicht, meiner würde so wat nich anziehen.
Herti: Ich brauch getzt welche in XXXL wegen seiner dicken Wampe. Ich mein, da kannse ja trompeten wie de willst. Und irgendwann is machs se dat auch nicht mehr, weil dat ja auch nicht gut is für de Ehe.
Moni: Meiner will immer nur die weißen haben.
Herti: Wichtig is nur, dat die nich oben so hart sind, sondern schön weich.

Donnerstag, 26. Juli 2007

Molfsee und Sahnetorte







Vor ein paar Tagen waren Karin, die Kinder und ich im Freilichtmuseum Molfsee. Es war richtig schön. Interessante Häuser, ein alter Jahrmarkt mit Karussellfahren bis der Arzt kommt und das Ganze eingebettet in eine wunderschöne Anlage. Ich finde es spannend zu lernen, wie Menschen früher gelebt haben. Gleichzeitig habe ich auch verstanden, dass das Leben früher um ein vielfaches härter und vor allem enger war. Heute wird diese Zeit ja sooft glorifiziert, als die gute alte Zeit, aber mal ganz ehrlich, wer von uns möchte denn noch auf einem Hof leben, auf dem sich die Toilette draußen befindet und nicht besonders viel Charme versprüht. Wer möchte denn von einem Apotheker bedient werden, der seine Medizin selbst herstellt und man sich nicht sicher sein kann, woher er seine Rezepte hat? Wer möchte denn in einer Zeit leben, in der die Armen zum Sterben verurteilt waren und in der der eigene Tellerrand an der Dorfgrenze endete. Natürlich reden wir sooft davon, dass es die gute alte Großfamilie nicht mehr gibt, aber will ich wirklich mit allen auf einem engen Raum zusammenleben und mich den geltenden Regeln und Zwängen permanent unterwerfen, statt mein eigenes Leben in meiner 100 qm Wohnung zu leben? Ich liebe meine Verwandten und meine Familie, aber ich liebe auch die Freiheit, die ich dadurch habe, dass ich mit Karin und den Kindern alleine hier in Hamburg lebe.
Der Individualismus hat sicherlich die Großfamilie abgelöst und ich weiß auch, dass diese Veränderung viele Nachteile hat, aber es sind eben nicht nur Nachteile. Vermutlich ist es zu 50% schlechter und zu 50% besser geworden, eben einfach nur anders.



Gestern habe ich mich mit Julia getroffen. Sie ist klasse. Sie beschäftigt sich sehr mit dem christlichen Glauben und der Frage nach Gott – und sie hasst Standartfloskeln. Sie hinterfragt sehr viel, aber eben nicht, um alles zu wiederlegen, sondern um echte Antworten zu bekommen. Es macht Spaß, sich mit ihr zu unterhalten. Sie fordert mich heraus, meine eigene Theologie ständig zu überdenken. Für sie ist die Bibel kein Buch, mit dem man alle möglichen Aussagen über Gott mit Zitaten belegen kann, sondernd er Ort an dem Gott uns zeigt, wie er ist. Das hört sich jetzt vielleicht sehr ähnlich an, aber der Unterschied ist gewaltig. Die Bibel als Zitatesammlung über das Wesen Gottes endet irgendwann in einer rechthaberischen Enge. Die Bibel als Ort der Offenbarung des Wesens Gott mündet in einer echten und vermutlich immer größer werdenden Gotteserkenntnis, die nicht in die Enge, sondern in die Freiheit führt. Mit einem Mal muss ich dann auch nicht mehr scheinbare Widersprüche wegdiskutieren oder harmonisieren, sondern kann sie nebeneinander stehen lassen. Weil es nicht du die Texte an sich geht, sondern um die Botschaft, die dahinter steckt.
In solchen Gesprächen merke ich, wie viel von meiner Theologie doch nur Biographie ist. Wenn ich Nachfolge richtig versteh, dann geht es nicht nur darum, dass ich das tue, was Jesus mir aufträgt und auch nicht nur darum, dass ich so werde, wie ich ursprünglich sein sollte, sondern auch darum, dass mein Bild von Jesus ständig größer und klarer wird. Dazu muss ich aber bereit sein, auch alte Standpunkte zu verlassen, Überzeugungen kritisch hinterfragen zu lassen und ständig davon überzeugt sein, dass ich noch lange nicht alles über Gott erkannt habe.
Mein persönliches Lieblingsbild ist hier ein Schwarzwälderkirschtorte. Wäre Gott so eine Torte, dann vermute ich, dass ich gerade mal eine Kirsche davon erkannt habe. Okay, sie ist vielleicht sehr groß, die Kirsche, aber es gibt noch viel mehr, was noch im Verborgenen ist. Vielleicht schaffe ich es, bis zum Ende meines Lebens auf zwei Kirschen zu kommen, aber alles in allem hilft mir do ein Bild, die nötige Demut zu behalten.

Samstag, 21. Juli 2007

RiesenSchokoKüsse

Ich war heute mit den Kindern einkaufen. Nach einem erfolgreichen Quengelangriff seitens meiner weiblichen Nachkommenschaft (Elias lässt noch quengeln und staubt dann einfach mit ab), durfte sich jeder von den beiden eine Süßigkeit aussuchen. Ich bin einfach zu schwach für diese Welt. Egal. Ich zahlte. Sie strahlten und verließen den Discounter mit reicher Beute – Tabita mit einer Packung Toffife (sie weiß, was schmeckt) und Noemi mit einer Packung RiesenSchokoKüsse (die hießen mal früher Negerküsse, aber dann ist jemandem aufgefallen, dass das rassistisch ist. Warum man dann ausgerechnet zwischenzeitlich bei der Bezeichnung Mohrenköpfen gelandet ist, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel, denn offen gesagt, finde ich das noch viel heftiger).

Nach dem Mittagessen fragte Noemi uns, ob wir noch einen Nachtisch haben möchten. Hallo? Hat sie vergessen, in welcher Familie sie lebt? Also stapfte sie los – und holte ihre druckfrische Packung Riesennaihrwisstschon, reißt sie auf und drückt überglücklich jedem von uns so einen Schokokuss in die Hand. Nach die ganze Herde versorgt war, schaute ich in den Karton und sah die vielen leeren Stellen, die entstanden waren und dachte mir: "Schade, jetzt hat sie so gut wie nichts mehr von ihren Süßigkeiten. Nur noch ein paar sind übriggeblieben." Auch Noemi hat in die Packung geschaut. Und was sagt sie? "Oooooh guckt mal, wie viele da noch drin sind. Da kann ich euch noch ein paar geben." Sie hat wirklich ein mächtig großes Herz.

Donnerstag, 19. Juli 2007

Gemeinde mit Vision - Nachtrag

Die große Herausforderung besteht ja nicht darin, ein paar Eigenschaften der Postmodernen auf das Gemeindeleben zu übertragen, sondern darin, eine moderne Gemeinde in die Postmoderne zu begleiten, zu verändern und zu gestalten.

Früher haben sich Menschen gern einer Gemeinde angeschlossen, die modern war. Spätestens in ein oder zwei Generationen wird genau das einer der Gründe sein, um sich eine neue Gemeinde zu suchen.

Mittwoch, 18. Juli 2007

Gemeinde mit Vision - eigentlich ist es ganz einfach

Im Augenblick beobachte ich eine interessante Veränderung in der Gemeinde. Nicht nur bei uns, aber eben auch bei uns. Es wird immer schwerer, Menschen dazu zu bewegen, sich langfristig und verbindlich in die Arbeit der Gemeinde einzubringen. Bisher dachte ich immer, dass wir etwas falsch machen, die Leute zu wenig motivieren, sie zu wenig loben, begleiten oder ihnen nicht deutlich genug sagen, dass sie etwas tun sollen.
eigentlich war mir klar, dass das Problem nicht die mangelnde Motivation ist, sondern, dass die Ursachen woanders liegen, aber ich bin wohl selber zu eingefahren in meinem eigenen modernen Denken. Darum habe ich heute angefangen, ein Motivationsseminar zu erarbeiten, von dem ich mir erhofft hatte, dass sich unsere Dienstpläne wieder leichter füllen. Jetzt, nach ein paar Stunden, bin ich endlich soweit, dass ich nicht mehr anders kann, als zu zugeben, dass das nicht die Lösung ist. Und mit einem Mal ist alles ganz klar.
Wir versuchen ständig, unsere Leute für eine Gemeinde zu begeistern, die gar nicht mehr ihrer Kultur entspricht. Wir fordern, dass sie sich Monate im voraus in Listen eintragen, während wir in einer Zeit leben, in der Spontaneität und Flexibilität die großen neuen Werte sind. Die Menschen sind nicht ungeistlicher geworden, aber sie leben ihr Leben und ihren Glauben heute anders. Darum sollten wir endlich aufhören, unsere Leute in die alten Formen zu pressen. Es ist Zeit, dass wir Gemeinde neu denken. Unsere Botschaft bleibt dieselbe. Ja, ja ich weiß, the medium is the message, trotzdem :).
Ich habe heute also einmal von einer neuen Generation von Gemeinde geträumt und ich stelle fest, dass mir dieser Traum gefällt, auch wenn ich mich selber erst daran gewöhnen müsste. Vor allem aber habe ich verstanden, dass es eigentlich doch ganz leicht ist, Gemeinde im 21. Jahrhundert zu bauen – wenn wir ein wenig Mut haben, neu zu denken.

Donnerstag, 12. Juli 2007

Mittwoch, 11. Juli 2007

Und wir sind doch Kirche!

Der Papst ist mutig. Jedenfalls scheint er seinen Job nicht deswegen zu machen, um neue Freunde zu finden. Gestern wurde eine Papier veröffentlicht, in dem die Katholische Kirche u.a. behauptet, die Evangelische Kirche sei gar keine richtige Kirche, da sie ja schließlich nicht den Papst anerkennt. Bisher habe ich immer gedacht, das, was Menschen Kirche sein lässt, hat weniger etwas mit dem Papst, sondern mehr mit Jesus zu tun. In diesem Zusammenhang fällt mir ein Satz von Michael Frost ein. In Exiles schreibt er, dass seine Gemeinde und er nicht mehr davon reden, dass sie in die Kirche gehen, sondern sie machen daraus ein Verb. Sie "churchen", also sie kirchen, leben das, was sie sind, Kirche. Ich lass jetzt mal Luther aus dem Spiel, der hier sicher seine Stimme erheben und uns den Unterschied zwischen Kirche und Gemeinde erklären würde, was aber nur zu Verwirrungen führen würde. Ich glaube nicht an den Papst (auch wenn ich ihn in manchen Punkten durchaus schätze), aber "ich glaube an die eine, christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen…" Benedikt und ich gehören zu einer Kirche, auch wenn ich nicht katholisch bin und auch wenn er das anders sieht.

An dieser Stelle fällt mir der gute alte Witz ein: Ein Mann kommt in den Himmel. Petrus begrüßt ihn. Sie gehen an einigen Räumen vorbei. Auf dem ersten steht: "Baptisten". Petrus öffnet die Tür. Freude, Party, gute Musik wie auf einer Hochzeitsfeier. Sie gehen weiter. Auf der nächsten Tür steht: "Pietisten." Freude, Party, gute Musik wie auf einer Hochzeitsfeier – und in regelmäßigen Abständen wird eine Kollekte eigesammelt. Nach ein paar Schritten kommen sie zur Tür mit der Aufschrift: "Katholiken". Wieder das gleiche Bild: Freude, Party, gute Musik wie auf einer Hochzeitsfeier – und einer leitet durch den Abend. Auf der dritten Tür steht "Evangelikale". Petrus legt seinen Finger an die Lippen und sagt: "Psst, bitte ganz leise sein und nur durchs Schlüsselloch schauen." Der Mann ist verwirrt. "Warum?", fragt er. Petrus: "Die denken immer noch, sie seien hier oben alleine."


 

Samstag, 7. Juli 2007

Heimatabend

Gestern war ich bei Schulze und Vogt zum Heimatabend eingeladen. Jeden ersten Freitag im Monat treffen sich dort zwischen 8 und 15 Leute. Es ist kein Hauskreis aus einer Gemeinde, es ist eine Gemeinde. Sie kommen zusammen, teilen ihr Leben, essen zusammen, reden, beten. Das Ambiente war sehr schön, das Essen toll und der Kaffee klasse. Dann sollte von mir eigentlich eine Predigt kommen, aber ich habe mal die Möglichkeit genutzt, um ein paar von meinen Thesen zum Thema Gemeinschaft vorzustellen. Wir haben dann gut zwei Stunden darüber gesprochen. Wer dann wollte, der konnte in einen anderen Raum gehen, um das Abendmahl zu empfangen oder in noch einen anderen Raum, um zu beten, eine Kerze anzuzünden oder einfach nur in der Stille mit Jesus zusammen zu sein.

Ich lerne an solchen Abenden immer eine ganze Menge dazu, über Gemeinschaft, Glauben teilen und was es heißt, Gemeinde zu sein. Für mich wäre der Heimatabend auf Dauer keine Alternative zu der Gemeindeform, in der ich heute lebe, aber ich glaube, für die Leute da ist es im Augenblick genau richtig und gut.

Mittwoch, 4. Juli 2007

Ich bin in Marburg - am Ende vom Anfang

So, nun sitze ich wieder im Zug. Das ist gar nicht so selbstverständlich, weil Teile der Bahn im Augenblick streiken – zum Ausgleich hat meine Bahn dann auch nur 10 Minuten Verspätung und ich weiß noch nicht, ob ich meinen Anschluss in Kassel kriege, mal sehen.
Mein Kopf ist voll mit Gedanken und Eindrücken. Die letzten Tage waren zwar nicht sehr arbeitsintensiv, aber trotzdem voll. Ich habe viel gesehen, mit sehr vielen geredet und vermutlich noch mehr nachgedacht. Die Gemeinde hat mich schwer beeindruckt. Gestern war ich im Jugendkreis und anschließend nur noch begeistert. Jeder, mit dem ich gesprochen habe, hatte einen gewissen Glanz im Gesicht wenn er über „seinen“ Kreis gesprochen hat. Sie treffen sich nicht nur dort, weil sie sonst nicht wissen, was sie tun sollen, sondern weil ihnen der Kreis und die Gemeinde am Herzen liegen.
Ich glaube nicht, dass am Ortenberg der Himmel die Erde berührt und so manches wird auch da nicht rund laufen, aber mir fällt kein Grund ein, warum ich dort nicht arbeiten möchte, ganz im Gegenteil. Im September gibt es eine endgültige Entscheidung der Gemeinde.
Dann wird es als nächstes vor allem um die Frage gehen, wo wir wohnen werden. Am liebsten würden wir direkt an den Ortenberg ziehen, ein nettes Haus zur Miete. Tabita meine gestern am Telefon: „Am besten ein Haus mit Garten. Auf der einen Seite steht der Kindergarten, auf der anderen die Schule, daneben Tabor und daneben die Gemeinde.“ Okay, wir müssen also am Berg noch ein paar Dinge umbauen, aber ich denke, Gott kann das. Die Frage ist dann auch, ob wir nicht vielleicht doch etwas kaufen. Ich will mich eigentlich nicht finanziell an ein Haus binden, aber andererseits: ob ich Miete zahle oder eine Hypothek kann von der Summe her nicht der große Unterschied sein und falls wir mal wieder weiterziehen, sollte sich ein Mieter finden.

Trotz allem möchte ich aber in dem noch vor uns liegenden Jahr voll und ganz in der Stadtmission sein. Nicht nur körperlich, sondern auch mit dem Kopf und dem Herzen. Noch ist das ganz und gar meine Gemeinde und es sind meine Leute, für die ich da sein will.

Dienstag, 3. Juli 2007

Ich bin in Marbutg, Teil 4

Gerade komme ich vom Seniorennachmittag zurück. Bernd und Birgit haben ihn musikalisch gestaltet mit einer Mischung aus Volksliedern und geistlichen Liedern. Ich gebe offen zu, dass es nicht meine Lieder waren, aber sie haben damit die Herzen der Leute erobert, die da waren. Rund 30 bis 40 Senioren vom Ortenberg und der Gemeinde. Eine tolle Sache.
Gestern war ich zum Pizzaessen mit der Gemeindeleitung und einem anschließenden Gespräch verabredet. Danach traf sich dann der Rest der Gemeinde zur Mitgliederstunde. Auch das war richtig gut. Ich habe den Eindruck, dass das hier eine ziemlich fitte Gemeinde ist – nicht spannungsfrei, nicht einfach, aber sie wollen etwas bewegen und gemeinsam erreichen. Das gefällt mir.
Nachher werde ich die Leiter der Jugendarbeit treffen und danach im Jugendkreis selbers ein – wird wahrscheinlich der totale Kontrast zu heute Nachmittag. Morgen geht es dann wieder nach Hause und auch das ist gut. Ich freue mich auf meine Familie. Ich freue mich auf meine Gemeinde.

Montag, 2. Juli 2007

Ich bin in Marburg, Teil 3

Den Sonntagnachmittag habe ich als Tourist verbracht. Ich bin die Altstadt hochgelaufen mit dem Eis in der Hand und der Leidenschaft im Bauch das Schloss zu erreichen. Das ist mir dann auch gelungen – fragt mich nicht, wo mein Puls war. In Marburg wird zur Zeit das Elisabethjahr gefeiert. Elli ist vor 800 Jahren hier gestorben und begraben worden, was noch nicht so außergewöhnlich ist. Spanned wird es, wenn man einmal sieht, was sie alles getan hat. Mit unglaublicher Ernergie hat sie sich um kranke und arme Menschen gekümmert und obwohl sie nur 24 Jahre geworden ist, hat sie doch so viel bewegt, dass sie es verdient hat, dass wir uns auch 800 Jahre nach ihrem letzten Atemzug nicht aus der Erinnerung streichen. Jedenfalls hab ich mir die Ausstellung im Schloss angeschaut und bin anschließend noch bei dem Bild von Landgraf Phillip vorbeigepilgert (er war Landgraf von Hessen zur Zeit Luthers und hat im Blick auf die Reformation ebenfalls eine Menge bewegt). Natürlich hab ich auch noch den Raum mitgenommen, indem das Marburger Religionsgespräch (ich meine 1527) stattgefunden hat. Dabei ist mir aufgefallen, dass Karin und ich genau in diesem Raum vor 11 Jahren unsere Hochzeitsbilder gemacht haben. Damals wusste ich nicht, dass Martin vor uns da war.

Heute Vormittag war ich dann bei Steffi und Frank zum Brunchen. Es war einfach nur nett und schön. Hauptsächlich lg das wohl daran, dass sie unglaublich nett und offen sind und ein wunderschönes Haus haben, so dass auch das Ambiente einfach nur passte. Die beiden freuen sich ganz stark auf uns. Frank hat mir dann noch ein paar Hoffnungen und Erwartungen der Gemeinde mit auf den Weg gegeben, die ich ganz spannend finde.
Heute Abend geht es dann weiter. 18.00 Uhr Treffen mit der Gemeindeleitung und um 20.00 Uhr dann Mitgliederstunde mit allen. Wird bestimmt schön. So, jetzt schau ich mal, wo ich einen Kaffee her kriege.

Sonntag, 1. Juli 2007

Ich bin in Marburg, Teil 2

Sonntag, 15.00 Uhr. Ich komme gerade vom gemeinsamen Grillen mit der Gemeinde zurück. Davor gab es einen Gottesdienst, in dem ich die Predigt gehalten habe. Da niemand rausgerannt ist und es auch sonst keine Zwischenfälle gab, gehe ich mal davon aus, dass das ganz okay war, was ich von mir gegeben habe. Es waren über 200 (?) Leute da. Für mich war das etwas gewöhnungsbedürftig vor so einer großen Gruppe zu reden, zumal ich sie nicht alle mit einem Blick beim Reden erfassen kann, sondern immer von links nach rechts schauen musste – die Leute auf der Empore habe ich dabei dann mal ausgeklammert, um meinen Kreislauf zu schonen.

Das Essen danach war unglaublich entspannend und schön. Ich habe eine ganze Reihe von Leuten getroffen, die schon damals hier Mitglieder waren und ich merkte, dass noch irgendwie eine Beziehung zu ihnen da ist. Schön war es auch, ein paar neue Leute kennen zu lernen und mal ein paar zaghafte Kontakte zu knüpfen. Mir geht’s also gut. Jetzt werde ich gleich mal einen Kaffee trinken und dann etwas durch die Altstadt schlendern. Morgen Früh bin ich bei Steffi und Frank zum Brunchen, abends treffe ich mich dann mit der Gemeindeleitung zum Abendessen (ich esse hier auf jeden Fall nicht zu wenig) und zum Reden. Um 20.00 Uhr kommt dan der Rest der Gemeinde dazu. Freu mich drauf.

Samstag, 30. Juni 2007

Ich bin in Marburg, Teil 1

Samstag. Sitze gerade im Zug nach Marburg. Die Gefühle mischen sich ein wenig. Spannung, Vorfreude, aber auch die Frage, ob dass, was wir hier machen, richtig ist. Nach wie vor wäre für mich die Stelle und für uns Marburg der Hauptgewinn, aber wir müssen dann eben auch leider Hamburg loslassen. Einfach wird das nicht.
Zu allem Überfluss habe wir kurz vor der Abfahrt zum Bahnhof Anne und Chistoph getroffen. Anne hat einige Zeit für Chris gearbeitet und die beiden sind vor ein paar Wochen nach Wiesbaden umgezogen, weil Christoph endlich einen festen Arbeitsvertrag bekommen hat. Die beiden haben den Umzug hinter sich und was sagt Christoph: „Dass wir aus Hamburg weg sind, ist mir erst jetzt klar – und wir vermissen die Stadt und die Leute sehr.“ Na super. Genau die Worte, die ich gebraucht habe.
Ich kann die letzten 10 Jahre nicht einfach so vom Tisch wischen und ich will es auch nicht. Wir haben hier gemeinsam sehr viel aufgebaut und auf den Weg gebracht. Freundschaften sind entstanden und Kinder wurden geboren. Aber gut, wir haben schon lange ein Ja zu Marburg gefunden und daran halten wir jetzt fest und gehen weiter.
Zwei Stunden später: Sitze gerade in dem Abschnitt zwischen Kassel und Marburg in einem Abteil. Mit mir zusammen 5 Leute aus der Heide auf den Weg in Schwarzwald. Wir reden über alles Mögliche: Kartoffeln, die Schönheit der Heide, Bier, meine Kinder. Dann fragt jemand, was ich beruflich mache. „Ich bin Pastor.“ Betretendes Schweigen, Stille, Suche nach Worten. Erklärungen, warum sie nicht in die Kirche gehen. Die Stimmung kippt. Ich bin ein Außerirdischer.

So, bin jetzt in Tabor angekommen und sitze im Foyer, wo ich einen Internetanschluss habe. Gerade habe ich mit meinen Schwiegereltern in der Cafeteria gesessen. Sie sind hier gerade zur Taborwoche. Mein Zimmer ist schön und ruhig und es tut gut, hier zu sein. Morgen werde ich dann im Gottesdienst die Predigt halten und anschließend mit den Leuten zusammen sein, grillen, essen, reden.

Donnerstag, 28. Juni 2007

Hamburg – Marburg

Von Samstag bis Mittwoch werde ich in Marburg sein. Hier werden wir dann die entscheidenden Gespräche führen, die meinen Stellenwechsel im nächsten Jahr betreffen. Ich freue mich darauf, die Gemeinde ein wenig mehr kennen zu lernen. Auch wenn wir da selber mal Mitglieder waren, so hat sich doch einiges verändert. Eine ganze Reihe von Menschen sind dazu gekommen, andere sind nicht mehr da.

In den letzten Wochen habe ich mit vielen über unseren Wechsel nach Marburg gesprochen. Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich. Einige können es nur schwer nachvollziehen, dass wir gehen, andere wollen gern mehr wissen, warum wir gehen udn vor allem wohin.
Bein denen, die Marburg-Ortenberg kennen, gab es interessanterweise fast immer nur zwei REaktionen. Die einen sagten: "Wird hart, aber du kannst das schaffen." Die anderen: "Bist du wahnsinnig? Mitten ins Zentrum? Ich möchte niemals so auf dem Präsentierteller arbeiten." Woran liegt das, dass ich das so ganz anders sehe? Ich stelle mir das alles sehr spannend und schön vor. Ich glaube, dass ich dort eine Menge lernen kann und auch eine Menge zu geben habe. Darum würde ich mich riesig freuen, wenn jetzt auch die letzten Türen aufgehen würden.
Ein paar haben mir schon gesagt, dass sie gern wisen würden, wie es mir in Marburg ergeht. Darum melde ich mich noch mal von unterwegs, versprochen.

Montag, 25. Juni 2007

Morgen im Europarat

Morgen wird im Europarat über ein Papier entschieden, das ein Verbot der Schöpfungslehre in Schulen fordert. Die Evolutionstheorie („Theorie“!) soll die einzige Erklärung für die Entstehung der Welt und des Lebens bleiben.
Gut, letzten Endes ist das nur ein logischer und konsequenter Schritt am Ende des Christentums (Christentum ist die Epoche, in der Kirche und Staat nebeneinander standen und in der es so etwas, wie einen gemeinsame Volksglauben gab). Aber halten wir es trotzdem einmal fest: Nicht nur im christlichen Abendland geht die Sonne unter, sondern auch das große Zeitalter der Toleranz ist offensichtlich zu Ende, falls es das überhaupt gab. Denn ein tolerantes Schulsystem wäre für mich im Blick auf dieses Thema, dass verschiedene Ansätze und Theorien nebeneinander gestellt werden und die Schüler müssten dann die Stärken und Schwächen herausarbeiten. Das wäre nicht nur tolerant, sondern auch spannend. Junge Menschen würden hier lernen, sich auch in dieser Frage eine eigene Meinung zu bilden und sie zu vertreten.

Nachtrag (Dienstag, 26.06.2007): Soeben habe ich gelsen, dass der Europarat das Thema wieder von der Tagesordnung genommen hat. Interessant ist die Reaktion des Antragstellers. Hier erfahrt ihr mehr.

Montag, 18. Juni 2007

und noch 'mal Gemeinschaft

Das Thema Gemeinschaft beschäftigt mich im Augenblick sehr. Eigentlich ist das gar nicht mein Thema, denn ich bin jemand, der sehr gern allein ist und auch gut allein sein kann. Trotzdem: Je mehr ich darüber nachdenke, um so faszinierter bin ich davon. Nicht, dass ich mich zum ersten Mal damit auseinandersetze, aber es kommen immer mehr Gedanken darüber zusammen und ich beginnen zu verstehen, was Gemeinschaft wirklich ist – fern ab von oberflächlichen Definitionen, persönlichen Meinungen, dänischen Butterkeksen, Früchtetees und diesem furchtbaren Lied „gut, dass wir einander haben" (das für mich deswegen so furchtbar ist, weil ich mich an einen gewaltigen Streit in einer christlichen Gemeinschaft erinnere, bei dem viele Träne flossen, Menschen verletzt wurden und am Ende jemand aufstand und hilflos stammelte, wir sollten doch jetzt mal dieses Lied singen, denn schließlich seien wir doch alle Christen - und die Meisten sangen mit. Selten habe ich so viel Heuchelei erlebt).
Ich glaube, dass Gott in die menschliche Gemeinschaft hinein einen Schatz vergraben hat, den wir heben sollten. In den letzten Tagen habe ich ein paar Stücke davon ausgegraben.
Am Samstag habe ich mir das Buch von Jean Vanier gekauft: In Gemeinschaft leben. Es beginnt mit den Worten: „Die Gemeinschaft ist der Ort der Zugehörigkeit, ein Ort, an dem man seine Heimat und seine Identität findet.“ Klingt erst nach eine dieser vielen Definitionen, aber denkt einmal einen Augenblick darüber nach. Dieser Satz geht tiefer. Oder, um es einmal auf schwedisch zu sagen: „Existierst du noch oder lebst du schon?“
In Exiles habe ich ein paar Kennzeichen von M. Scott Peck gefunden, die mich auch ein ganzes Stück weitergebracht haben (in den Klammern stehen meine Anmerkungen):

- Menschen sind sich in vielen Grundfragen und Ansichten einig (sie stellen also nicht immer alles grundsätzlich in Frage)

- Sie haben einen Sinn für die Realität (im Gegensatz zu blauäugigen Zusammenkünften, bei denen jeder denkt, man hätte jetzt den Himmel auf Erden gefunden und man wäre die einzige Gruppe, die jetzt alles richtig macht und alle anderen sind eh doof)

- Sie bieten genug Raum, damit sich jeder auch einmal zurückziehen kann (sie engen nicht ein und lassen Menschen auch einmal in Ruhe)

- Sie geben ihren Mitgliedern ein Gefühl von Sicherheit (Vanier: Zugehörigkeit, Heimat)

- Sie haben die Möglichkeit, auch einmal andere Formen des Zusammenlebens auszuprobieren (sie pflegen ihre Gemeinschaft, nicht die Tradition)

- Sie streiten gnädig miteinander (sie streiten und schlucken nicht alles und passen gleichzeitig aufeinander auf)

- Alle Mitglieder sind Leiter (mmmmh, da würde ich gern noch mal nachfragen, was er genau damit meint)

- Es regiert ein Geist des Friedens (... der höher ist als unsere Vernunft)

Ist es möglich, dass eine Gemeinde diese Kennzeichen lebt? Ich denke, ja! Es ist möglich, aber um dahin zu kommen müssen wir ständig hart dafür kämpfen. Gemeinschaft fällt nicht so vom Himmel, auch wenn die Voraussetzungen dafür von dort kommen.

Am Samstag war Tabor-Tag in Lemförde. Karin und ich gehören ja zur Studien- und Lebensgemeinschaft Tabor. Auch hier habe ich etwas davon gespürt, was es heißt, wirklich Gemeinschaft zu leben. Alte und Junge, Männer und Frauen kommen zusammen und teilen ihr Leben für ein paar Stunden. Auch wenn nicht immer über alles geredet wird, so haben wir doch sehr offen gesprochen. Ich selber habe gestaunt, wie gerade ältere Leute aus diesem Kreis mit Niederlagen umgehen, ohne dabei bitter zu sein. Sie sind mir zum Vorbild geworden. Ich bin stolz darauf, zu dieser Gemeinschaft zu gehören.

Dienstag, 12. Juni 2007

Die Postmoderne beim Inder

Heute war ich mit Matthias Wolf zum Mittagessen verabredet. Matthias ist der leitende Pastor der Elim, einer großen Pfingstgemeinde hier in Hamburg. Wen es interessiert: Wir waren beim Inder und ich hatte Lamm Chilli.
Wir haben viel über die Phänomene der Postmodernen gesprochen. Dabei ist es mir wieder aufgefallen: Ich habe viel über sie gelesen und ich mache so meine Beobachtungen, aber ich kann sie immer noch nicht wirklich fassen. Vermutlich ist das ja gerade das, was diese Epoche ausmacht; sie ist nicht in Formen zu pressen oder mit Definitionen einzugrenzen. Wir können im Augenblick nur beobachten. Überhaupt: Könnte bitte irgendjemand endlich einen vernünftigen Namen für die Zeit nach der Modernen finden - sonst mach ich das :).
Je mehr ich aber über dieses Thema nachdenke, um so mehr bin ich davon überzeugt, dass diese Zeit für uns als Gemeinde Jesu eine sehr wertvolle sein kann. Die Menschen sind offen für die beste Nachricht der Welt. Sie sehnen sich nach echter Gemeinschaft und sie wollen Wahrheiten kennen lernen, aber anders, als wir es bisher gewohnt sind. Die Frage ist nicht: Ist die Zeit offen für das Evangelium – das ist sie. Die Frage ist: Sind wir als Gemeinde Jesu bereit, um zu denken, um die Menschen auf einem anderen Weg mit dem Evangelium zu erreichen?

Montag, 11. Juni 2007

Alleinsein und Gemeinschaft

Bonhoeffer hat einmal sinngemäß gesagt: "Man muss in der Lage sein, allein sein zu können, um auch fähig zu sein, Gemeinschaft leben zu können und man muss Gemeinschaft leben können, um allein sein zu können." Also so in etwas (bin gerade zu faul, um das Buch gemeinsames Leben zu suchen, außerdem ist es einfach viel zu warm).

In vielen Völkern gibt es bis heute Initiationsriten. Da müssen zum Beispiel Jungs an der Schwelle zum Erwachsenwerden ein paar Tage allein in der Wildnis klarkommen und eine Aufgabe erledigen. Für einen Hamburger könnte das so aussehen, dass er eine Woche in Harburg überleben und irgendein Tier erlegen muss.

Wenn ich das richtig verstehe, dann leben diese Völker genau das, was Bonhoeffer gesagt hat. Die Männer müssen zeigen, dass sie reif genug sind, um allein klar zu kommen. So können sie dann ihrer Gemeinschaft ganz anders dienen, als Jungs, die nicht in der Lage sind, für sich zu sorgen. Kann es sein, dass wir das für unsere christlichen Gemeinschaften neu entdecken müssen? Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele Menschen nur deswegen zu uns kommen, weil sie nicht mehr allein sein wollen – und legen damit die Latte ihrer Erwartungen an eine Gemeinschaft ziemlich hoch. Ihre Botschaft lautet: "Ich bin einsam, ändere etwas daran. Ich bin allein – kümmere dich um mich." Die Folge davon ist die, dass die Gemeinschaft ihnen dienen muss und nicht umgekehrt. Schnell endet das in Überforderungen, falschen Erwartungen, Enttäuschungen und dem dumpfen Gefühl, es allen recht machen zu müssen. Vielleicht ist es gut, wenn wir nicht nur darüber nachdenken, wie wir in der Gemeinde die Gemeinschaft verbessern, sondern wenn wir unseren Leuten auch helfen, allein sein zu können.

Freitag, 8. Juni 2007

Kirchentag

Hier ein guter Artikel von Andreas Dippel über den Kirchentag. Er macht Hoffnung.

Liest das eigentlich jemand?

Würde mich mal interessieren. Liest das eigentlich irgendjemand (sic und ;)), was ich hier schreibe? Ich habe das Gefühl, als würde ich in einem Raum stehen, mit Scheinwerfern angeleuchtet werden und nicht wissen, ob ich alleine bin oder nicht. Also: Ist da draußen jemand? Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen. piechottka@gmail.com

Donnerstag, 7. Juni 2007

G8 und der Kirchentag

In Heiligendamm tagen im Augenblick die G8 und in Köln findet der Kirchentag statt. Gestern in Nachrichten wurden von beiden Treffen berichtet. Ich habe den Eindruck, dass sich in Köln alles um das Treffen an der Ostsee dreht. Veranstaltungen zum Klimawandel (die Kirche ist dagegen), Aktionen gegen die Armut in der Welt (die Kirche ist auch dagegen), wirtschaftliche Ungerechtigkeit (ihr ahn es schon, welche Position die Kirche einnimmt). Zum Prostestaufakt läuteten in Deutschland Hunderte von Glocken (in Hamburg habe ich übrigens nichts davon mitbekommen – und selbst wenn, ich hätte nicht gewusst, warum sie läuten).

Ich meine, ich stehe ja hinter der Kritik, die geäußert wird. Es kann nicht sein, dass wir in Deutschland an Fettleibigkeit leiden, während andere ein paar Tausend Kilometer weiter südlich ständig mit dem Hungertod rechnen müssen, aber unter uns: Der Protest der Kirche wirkt so unglaublich schwach und manchmal wirkt er auch einfach nur peinlich. Vielleicht wäre es besser, wenn wir mehr das sichtbar machen, wofür wir stehen und wofür wir sind, anstatt immer nur zu sagen, wogegen. Wir verkündigen eine neue Welt, Gottes Reich, das mit Jesus mitten unter uns angebrochen ist. Eine neue Welt, die sich ihren Weg bahnen wird, mit uns oder ohne uns. Und heute schon können wir ein Teil davon sein und darin leben. Was meint ihr, was passieren würde, wenn Christen weltweit anfangen würden, dieses Reich Gottes bewusst zu leben, anstatt ständig zu versuchen, die alte Welt zu renovieren? Wenn Christen nicht nur auf die Straße gehen würden, um alle möglichen Fehler anzukreiden, sondern endlich ganz bewusst die Liebe Gottes in ihren Stadtteil einbringen würden. Wenn Männer und Frauen des Reiches Gottes ihren Nachbarn und Freunden dienen, indem sie ihnen ihre Liebe schenken und selber in das Reich Gottes einladen würden. Nein, das würde nicht alle Probleme von heute auf morgen beseitigen, aber ich denke, die Kirche würde wieder an Kraft gewinnen.

Freitag, 1. Juni 2007

Mal zwischendurch

Noemi: "Papa, ich bin eine Gärtnerin heute."
Ich: "Prima Schatz"
Noemi: "Ich mache alle Blumen schön - damit sie alle so schön sind, wie ich."

Mittwoch, 30. Mai 2007

Händchenhalten mit Gott

Vor ein paar Tagen habe ich den Text aus Jesaja 41,13 gelesen: „Denn ich bin der Herr, dein Gott. Ich nehme ich an deiner rechten Hand und sage: Habe keine Angst. Ich helfe dir.“ Losgelöst vom Kontext ist das ein Text, den wir blind auf jede Postkarte drucken würden. Wer aber weiterliest, wird das komische Gefühl nicht los, dass eine Postkarte ein denkbar unpassender Platz dafür ist. In den Versen davor und danach steht, dass Gott unsere Feinde verschwinden lassen und dass sein Volk wieder zu einer scharfen Dreschschaufel wird.
Im ersten Augenblick würde ich gern diese Worte ausblenden, weil sie mir zu brutal erscheinen, um mich dann nur über den Postkartenvers zu freuen, aber dann entfaltet sich plötzlich eine neue Weite. Es geht einen Schicht tiefer. Meine Feinde, dass sind nicht die Nachbarn, die mit dem Rasenmäher nerven oder der Kerl, der dir mit seinen Anrufen das Leben zur Hölle macht.
Es geht um Satan, den Gott eines Tages vernichten wird. Ihn wird man irgendwann einmal vergeblich suchen. Die Spuren, die er hinterlassen hat, werden nicht mehr zu sehen sein. Kein Hunger mehr, keine misshandelten Kinder, keine drogensüchtigen Teenager, keine Lügen, keine Verletzungen und kein Abschiednehmen mehr. Und bis dahin? Gott sagt: „Denn ich bin der Herr, dein Gott. Ich nehme ich an deiner rechten Hand und sage: Habe keine Angst. Ich helfe dir.“ Wir werden immer wieder im Leben in Sackgassen geraten, aber wir sind nicht alleine. Einer hält unsere Hand. Das ist gut.

Heiligungsbewegung

Im Augenblick lese ich ein wenig über die Heiligungsbewegung im 19. Jahrhundert. Spannend zu sehen, woher es kommt, dass ich so ticke, wie ich ticke. Ich hätte nie gedacht, dass ich von ihr so stark geprägt wurde, durch meine Eltern und meine Heimatgemeinde, die es wieder von ihren Eltern hatten bzw., von denen, die vor ihnen da waren. „Persönliche Entscheidung“, eine fast schon gesetzliche Enge im alltäglichen Leben, die Meinung, als guter Christ müsste ich ständig beschäftigt sein, das Denken, dass es eine klare Trennung zwischen „drinnen“ und „draußen“ gibt – und dass diese Linie auch irgendwie sichtbar werden muss usw.. Gegen manches wehre ich mich heute und merke dabei, wie schwer es ist, Prägungen wieder los zu werden. Sie sind halt ein Teil von mir. Meine Geschichte.

Interessant ist, das die Menschen damals eigentlich nichts anderes wollten, als viele Menschen heute. Sie wollten nicht nur wissen, dass sie gerettet sind, sie wollten es erfahren, spüren, anfassen können.

Dienstag, 29. Mai 2007

Pfingsten

Am Wochenende waren wir als Gemeinde in der Bleibergquelle. Seit ein paar Jahren arbeitet ja Schwester Brigitte bei uns in der Stadtmission und das Mutterhaus unterstützt uns dabei sehr – nicht nur finanziell. Nun war es höchste Zeit, Danke zu sagen. Wir also runter nach Velbert. Raimund und Eike haben Theater gespielt (ganz klasse Stücke), Gunnar machte Musik (wie immer gut) und ich habe eine Kurzpredigt und ein Seminar gehalten, was auch ziemlich gut war, weil die Leute voll und ganz bei der Sache waren. Spannend war hier auch das Ambiente. In den Räumen, in denen die Seminare gehalten wurden, wurde seit den 70er nichts mehr renoviert. Es war eine echte Zeitreise, mit Fototapete, riesigen rot-orangenen Tapetenmustern und braunem Teppich. Jeder, der Retrostile mag, wird mich jetzt beneiden.

In den letzten Tagen ist mir der Gedanke gekommen, dass Konferenz ein idealer Ort ist, um eine Gemeindefreizeit zu verbringen. Es gibt ein reichhaltiges Angebot an Gottesdiensten, Seminaren, Kinderprogrammen usw.. Wir hatten Zeit füreinander, weil niemand ständig irgendetwas vorbereiten musste und dadurch, dass andere gepredigt und Seminare gehalten haben, gab es obendrauf eine ordentliche Horizonterweiterung. Wir sollten mal darüber nachdenken, ob wir das nicht noch mal machen wollen.

Übel war nur die Anfahrt. WARUM MÜSSEN IMMER ALLE FAHREN WENN WIR FAHREN???? Wir haben sechs Stunden für die Strecke Hamburg – Velbert gebraucht. Allein, um aus Hamburg rauszukommen, brauchten wir 2,5 Stunden! Und damit lagen wir noch nicht mal so schlecht. Klugs brauchten acht Stunden. Nur mal zum Vergleich: Schulzes sind nachts gefahren, haben am goldenen M Rast gemacht und waren nach 3 Stunden da.

Dienstag, 22. Mai 2007

Ein neuer Horizont erwartet uns

Am Sonntag haben wir es in den Gottesdiensten bekannt gegeben und damit ist es nun ganz offiziell: Wir werden die Stadtmission im Sommer 2008 verlassen. Noch müssen die letzten Gespräche geführt werden, und wir müssen dann eine endgültige Entscheidung treffen, aber so wie in den letzten Wochen hier eine Tür nach der nächsten aufgegangen ist, wird unsere neue Heimat wieder einmal Marburg sein. Karin hat dort viele Jahre gelebt, ich habe dort studiert und wir hatten dort unsere erste gemeinsame Wohnung.
Ich freue mich unglaublich auf die neue Herausforderung. Es ist eine Gemeinde, die ganz anders ist als die Stadtmission, aber ich habe den Eindruck, ich kann meine Gaben und Fähigkeiten dort gut einbringen. Während meines Studiums am Theologischen Seminar waren wir dort Mitglieder und ich freue mich sehr darauf, wieder alte Bekannte zu treffen und mit ihnen weiter Gemeinde zu bauen. Es ist fast so, als würden wir nach Hause kommen, auch wenn sich in den letzten 10 Jahren vieles verändert hat.
Die andere Seite der Medaille wird der Abschied hier sein. Schon am Sonntag flossen einige Tränen, manche können und wollen nicht verstehen, dass wir gehen, andere haben Angst vor dem, was oder besser, wer nach uns kommt. Das heißt, neben den Emotionen, mit denen wir konfrontiert sind, haben wir eine sehr knifflige Aufgabe vor uns. Hinzu kommt, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres einen neuen Vorstand einsetzen werden. Wir können es schaffen, aber wir müssen konzentriert arbeiten und sehr hellhörig sein auf das, was Jesus uns in dieser Zeit sagen will.

Noch was anderes. Heute habe ich von einer Gemeinde gelesen, die ihren Gottesdienstraum in ver Zonen eingeteilt hat, die mit Klebeband auf dem Boden deutlich voneinander getrennt sind. Es sind die hot-and-cold-worship-zones. In den ersten Reihen vor der Kanzel sitzen sie, deren Herz voll ist und die Gott ganz und gar anbeten wollen. Hier sieht man viele Hände, die nach oben gehen, Leute singen aus voller Kehle, sie tanzen. Dahinter sitzen die, die einfach nur froh sind, im Gottesdienst zu sein. Sie singen mit, aber sie bleiben vielleicht während der Anbetungszeit sitzen. Danach kommen dann die, die den Gottesdienst distanziert beobachten und dann gibt es noch die, die in einem separaten Raum hinter einer Glasschscheibe sitzen, mit Kaffeemaschine. Sie beobachten und entspannen sich einfach nur. Je nachdem, wie sich jemand gerade fühlt oder mit welchen Motiven er gekommen ist, sitzt er an unterschiedlichen Stellen im Gottesdienst. Bizarr oder? Auf der anderen Seite: Ist das nicht auch sehr echt und sehr besucherfreundlich? Ich werde nicht gezwungen, irgendwo mitzumachen. Ich muss nicht zur Anbetung aufstehen und meine Lunge aus dem Hals singen, nur weil es die anderen auch tun. Andererseits kann ich es aber tun, wenn ich es will. Ein Mensch, der erst einmal aus einer gewissen Distanz Christen und ihre Botschaft kennen lernen will, kann das in Sicherheit tun, ohne Angst haben zu müssen, vereinnahmt zu werden.
Ich habe nicht vor, morgen los zu ziehen und Klebeband zu kaufen, aber die Richtung gefällt mir. Das ist nichts zum Kopieren, sondern zum Kapieren.

Freitag, 18. Mai 2007

Thyatira

Ich sitze gerade an meiner Predigt für Sonntagabend. Es geht um das Sendschreiben an die Gemeinde in Thyatira. Einer der Texte, bei denen man in Ruhe hinschauen muss, um sie in der ganzen Tiefe zu verstehen. In diesem Brief wirft Jesus seiner Gemeinde vor, dass sie die Irrlehren einer falschen Prophetin zulässt. Die Frau steht auf der Kanzel und erzählt fröhlich frisch, dass es für Christen eine unglaubliche Reife darstellt, wenn sie an einem Tag zum Grillen im Zeustempel und am nächsten Tag zum Swingen bei Uschi verabredet sind.

An der Stelle könnte ich es mir ja leicht machen und einfach mal eine Liste aufstellen, was man heute als guter Christ alles darf und was nicht – oder ich greife einfach auf eine der vielen tausend zurück, die es schon zu diesem Thema gibt. Aber es doch um mehr, als dass Jesus Götzenopferfleisch ekelig und Pornoschuppen doof findet.

Ich denke, wir müssen den präsentischen Aspekt des Reiches Gottes hier im Blick behalten. Jesus hat uns das ewige Leben geschenkt, das eben nicht erst nach unserem Tod anfängt, sondern heute schon. Ein Leben in Fülle, Qualität und Tiefe. Wenn er uns Dinge aufs Herz legt, die wir ablegen sollen, dann meint er immer etwas, was uns von diesem neuen Leben ablenkt, uns blind dafür macht oder uns wie Bettler aussehen lässt, obwohl wir Königskinder sind. Kurz: Dinge, die das in unserem Leben wieder kaputt machen, was Jesus mit seinem Leben bezahlt hat. Klar, dass er da so empfindlich reagiert.

1000 km

Den Mittwoch und Donnerstag habe ich größtenteils auf der Autobahn verbracht. Karin war mit den Kindern bei ihren Eltern – Landleben. Am Mittwoch bin ich dann hinterhergefahren, um sie abzuholen. Leider waren alle anderen in Deutschland auch unterwegs. Nachdem ich für die Strecke Hamburg – Hannover 2,5 Stunden gebraucht habe, wollte ich mir meine Zeit damit vertreiben, die Staus zu zählen, was mich aber bereits kurz vor Kassel intellektuell überfordert hat. Ich habe dann festgelegt, dass es ein Stau mit kurzen Unterbrechungen war. Das hat mich entspannt und ich konnte meine Aufmerksamkeit ganz dem Heavy Metal Konzert im Radio widmen. Ich mag die Musik eigentlich gar nicht, aber als ich mir 1000 Head-Bangers (schreibt man das so?) vorgestellt habe, stieg die Stimmung wieder ein wenig und ich habe die Fahrt doch noch überlebt.

Montag, 14. Mai 2007

Montagvormittag

Ich genieße gerade meinen freien Tag in vollen Zügen. Die Sonne scheint und es gibt nichts, was dringend erledigt werden muss. Das tut gut. Die Woche war schon heftig - Stederdorf, Gunzenhausen, Sonntagvormittag Konfirmation und abends dann noch der Moasikgottesdienst. Jetzt ist es schön, mal einen Moment still zu sitzen und über die letzten Tage nachzudenken. So schaffe ich es dann, dass sie nicht einfach nur als abgelaufene Termine verblasen, sondern wirklich ein Teil meiner Biographie werden.
Vor ein paar Stunden habe ich ein Mail bekommen, das mich nachdenklich gemacht hat. Es ist so eine Art Gegendarstellung des Pastors aus der Türkei, wo die drei Christen vor ein paar Wochen ermordet wurden. Ich hatte ja von einem Brief erzählt, den ich erhalten habe und der ein wenig den Hintergrund erleuchtet. Offenbar wurde aber darin mächtig übertrieben. Die Christen wurden zwar ermordet, aber bei weitem nicht so brutal. Der Pastor meint, dass der ganze Brief wohl gar nicht von Christen verfasst wurde, sondern von Islamisten, die ihn für ihre Propaganda missbrauchen wollen. Ich denke, die Sache wird unübersichtlich und wir sollten es dabei belassen festzustellen, dass die Drei ermordet wurden und nicht aufhören für die Christen in der Türkei zu beten.
In diesem Zusammenhang habe ich auch noch mal darüber nachgedacht, ob es gut oder schlecht ist, wenn wir die Türkei in die EU aufnehmen. Meine erste, spontane Reaktion vor ein paar Wochen war ja: "Bloß das nicht. Dann öffnen wir einem radikalen Islam die Tür." Andererseits: Ist das nicht auch unsere Chance, mehr Einfluss auf die Türkei zu nehmen und so unseren Leuten dort zu helfen? Warum lassen wir es zu, dass uns der wachsende Einfluss des Isalms so viel Angst macht? Es ist Zeit, einem radikalen Islam einen Grund zu liefern, Angst vor uns zu bekommen, indem wir selbstbewusst auftreten und endlich zu dem stehen, wovon wir überzeugt sind - sei es unser Glaube an Christus oder oder seien es einfach nur unsere westlichen Werte (was immer das auch ist). Also ehrlich, wenn ich höre, dass das gute alte Sparschwein bei der Sparkasse verbannt wurde, aus Rücksicht vor moslemischen Gefühlen, dann hört es doch so langsam auf.

Freitag, 11. Mai 2007

Reisebericht Bayrisch-Kongo

Ich sitze gerade im Zug irgendwo zwischen Gunzenausen und Würzburg. Es ist richtig gemütich. Draußen ganz viel Landschaft – bayrisches Flachland, mit Sonnenuntergang. In der Luft eine Mischung aus gemähtem Gras, Dung, verbranntem Holz (oder sind das die Bremsen?) und altem Zug. Ich freue mich auf zu Hause, auch wenn ich nur einen Tag weg war, aber da gehöre ich nun mal hin.
Der Theologische Arbeitskreis war ziemlich gut. Ich merke, wie sehr mich das herausfordert und ich denke, das ist der Ort, an dem ich sicherlich in der nächsten Zeit wachsen werde. Ich habe nun einen Packen Hausaufgaben im Gepäck, von dem ich noch nicht wirklich weiß, wie es sie angehen soll, aber gerade das finde ich spannend. Es geht um die Frage Gemeinde und Institution – also wenn wir Leib Christi sind, warum und wie viel Institution brauchen wir dann? Wieso brauchen wir also dann solche Dinge, wie Mitgliedschaft usw., wenn wir eh schon dazu gehören? Brauchen wir sie? So in etwa. Ich muss mir das Protokoll noch einmal in Ruhe durchlesen, dann sehe ich klarer.
Das Gespräch fand auf der Hensoltshöhe statt. Sehr stilecht dort. Der Gang zum Sitzungszimmer erinnerte mich daran, dass ich meine Steuererklärung noch nicht fertig hatte und der Raum selber machte Lust, mal wieder mit Karin und den Kindern ins Freilichtmuseum zu fahren.
Anschließend hatte ich noch zwei Stunden. Ich habe den örtlichen Italiener besucht und festgestellt, dass er sehr gut kochen kann (falls es jemanden interessiert: der am Bahnhof). nachdem ich ein Rumpsteak, mit Pommes und Salat und ein Weizen bestellt hatte, bekam ich auf Kosten des Hauses noch einen Rotwein. Ich vermute, mit dem Rotwein wollte der Mann mir wenigstens einen Hauch Italien vermitteln, wenn ich schon seine Pizzen ignoriere. So standen da Bier und Wein vereint zusammen und waren bereit, mich auf meine kulinarische barbarisch-bayrisch-italienische Reise zu begleiten, was sie dann auch erfolgreich getan haben. Danke Jungs.
Der Bahnhof in Gunzenhausen hat einen sehr meditativen Charakter. Falls ihr mal einen Ort sucht, um zur Ruhe zu kommen .... Der ultimative Höhepunkt war der Güterzug um 18.44 Uhr, der ungebremst durch den Bahnhof donnerte und mir für einen kurzen Augenblick das Gefühl zurückgab, doch noch am Leben zu sein. Nach 1,5 Stunden Wartezeit ging es dann endlich los. Nun reise ich also durch die bayrischen Tiefebene. Hätte ich es eilig, würde ich laufen.

Eine Stunde später: der Zug steht nun in Ansbach am Bahnhof, wo er 15 Minuten Aufenthalt hat und stelle mir nur noch eine Frage: Warum? Hier passiert nichts, ausser dass die Sonne untergeht. Warum fährt er nicht einfach weiter? Aber er bleibt hier immer stehen, wenn ich die Ureinwohner richtig verstanden habe. Ich muss zurück in die Stadt, dringend.

Mittwoch, 9. Mai 2007

Rolf, Klebereis und die Bahn

Ich komme gerade aus Stederdorf zurück, wo wir Rolf beerdigt haben. Er ist vor ein paar Wochen ganz allein in irgendeinem Hochhaus in Bremen verstorben. Zur Trauerfeier kamen nicht viele, aber das, was da passiert ist, war echt. Keine großen Reden, keine aufgedonnerten Programmelemente, keine mächtigen Chöre, sondern einfach nur liebevolles, stilles Abschied nehmen. Das Programm diente der Absicht und stellte sich nicht selber dar. Es war ganz persönlich. Ganz echt – und dabei wurde der Blick auf Gott freigegeben. So eine Beerdigung wünsche ich jedem.

Heute Abend gibt es Klebereis, nachdem ich es geschafft habe, zweimal hintereinander zu vergessen, den Reis über Nacht einzuweichen. Die Kinder haben sich als sehr barmherzige Geschöpfe erwiesen. Danke für eure Geduld. Ihr seid wunderbar. Morgen bin ich dann in Gunzenhausen (des is' do' wo die Leit wohnen mit am Dialekt, der di niederstreckt) zum Theologischen Arbeitskreis. Hamburg-Gunzenhausen-Hamburg – das wird der Ritt des Monats. Ich habe mir jede Menge zu arbeiten mitgenommen, so dass ich die Zeit im Zug gut nutzen kann. Ich hoffe nur, dass ich nicht neben einem menschgewordenen Call-Center sitzen werde.

Jetzt würde ich gern die Mittwochs-Mail auf den Weg schicken, aber leider ist mal wieder der Server offline, auf dem unsere Homepage liegt. Irgendwie müssen wir da mal eine Lösung finden …


 

Montag, 7. Mai 2007

echt

Ich lese in letzter Zeit immer wieder einmal von einer neuen Sehnsucht in unserer Kultur: Die Sehnsucht nach echten Dingen. Menschen haben es satt mit einem Computer reden zu müssen, wenn sie irgendwo anrufen und eien Frage haben. Sie wollen die Antwort von echten Menschen. Ein Bekannter erzählte mir, dass er seit einigen Monaten sehr genau auf die Inhaltsstoffe der Lebensmittel achtet, die er kauft, weil er wissen will, was er isst. Und er will richtige Nahrungsmittel, die auf einem Feld oder im Stall groß geworden sind und nicht im Labor. Wir wollen keine Milch, die ihre Temperatur selber regulieren kann. Wir wollen Milch von echten Kühen.

Zwischendurch habe ich mich gefragt, wie solche Phänomene, wie Secondlife da hinein passen. Menschen schlüpfen in eine unechte Rolle in einer unechten Welt, aber was zunächst wie ein Widerspruch aussieht, ist vielleicht sogar eine Bestätigung. Endlich können Menschen einmal so sein, wie sie schon immer sein wollten. Sie können echt sein – verborgen hinter einem hübschen Avantare aus Einsen und Nullen.

Ich würde mir sehr wünsche, wenn wir uns als Gemeinde Jesu davon anstecken lassen würden. Vielleicht könnten wir hier sogar eine Kultur formen, indem wir aufhören, Veranstaltungen zu zelebrieren, in denen alles so unglaublich perfekt aufeinander abgestimmt ist, wie im Fernsehen und einmal mehr Raum geben, um zu erzählen wie es uns wirklich geht. Gerade ein Gottesdienst sollte doch der Ort sein, an dem ich wirklich durch und durch echt sein kann, oder? Vielleicht geht es darum, dass wir einmal riskieren, dass bestimmte Zeiten im Gottesdienst oder bei anderen Treffen und nicht perfekt durchgeplant sind. Ich habe mal gelernt, dass dort, wo Kinder sich langweilen, sie anfangen, kreativ zu werden. Wenn das auch für Erwachsene stimmt, dann könnten hier sehr echte Begegnungen stattfinden, auch wenn der Weg dorthin sehr schwer sein wird.

Noemi, Tabita und Elias

Noemi, Tabita und Elias
Drei Gründe, um Gott dankbar zu sein.